Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

08. Juli 2021, 14:00 Uhr

2022

Alfons Walde*

(Oberndorf 1891 - 1958 Kitzbühel)

„Kirchenstiege“
um 1922
Öltempera auf Karton
70 x 75,5 cm
Monogrammiert rechts unten: A./W.
Originales Künstleretikett rückseitig auf Karton
Originalrahmen

Provenienz

von der Urgroßmutter des jetzigen Besitzers direkt beim Künstler erworben;
seither Familienbesitz, österreichischer Privatbesitz

Das Bild ist im Werk-Archiv von Alfons Walde registriert.

Schätzpreis: € 100.000 - 200.000
Ergebnis: € 635.900 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Das hier präsentierte Gemälde ist eine frühe Fassung des Bildsujets "Kirchenstiege", das thematisch in der Nähe der öfter aufgegriffenen Varianten "Begegnung" oder "Kirchgang" anzusiedeln ist.
Nach der Sonntagsmesse werden Kirchgänger in Festtagstracht die Stiege der Kirche hinabsteigend gezeigt. Der Bildausschnitt ist eng gewählt. Die Frau mit violetter Schürze und einem Mädchen an der rechten Hand zentral im Vordergrund füllt den Bildraum fast zur Gänze aus, ihr Sohn folgt zur Linken einen Schritt dahinter, tiefenräumlich versetzt sind noch ein Mann und eine Frau auf der Treppe zu sehen und ganz oben wird eine vom Bildrand angeschnittene, fragmentierte Figur gezeigt. Die Hintergundskulisse bleibt mit schnellem Strich nur summarisch angedeutet und ist in einer monochromen helleren Tonigkeit gehalten. Wirkungsvoll heben sich die Figuren mit ihren in wenigen kräftigen Farben gestalteten Gewändern und dem dominanten Schwarz von der Umgebung ab. Jede Andeutung des Individuellen, jede nähere Charakterisierung oder Ausformung von physiognomischen Zügen fehlt. Waldes Figuren sind keine Individuen, sie sind Archetypen, Träger einer allgemeingültigen Situation.

Die Figur des Bauern beschäftigte Alfons Walde während seines ganzen Schaffens. Eingebunden in seinen Landschafts- und Lebensraum hat er den Typus des Bauern facettenreich dargestellt. Sein Interesse galt nicht dem Themenkreis der bäuerlichen Tätigkeit, sondern der Sonntags- und Feiertagsstimmung. Waldes Farb- und Formenkanon zeichnet sich durch wenige Farbakzente, starke Hell-Dunkel-Kontraste, vereinfachte stilisierte Formen und einen dynamischen Pinselduktus aus. Er erreicht größte expressive Ausdruckskraft durch äußerste Reduktion der Mittel.
(Claudia Mörth-Gasser)