Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

17. Dezember 2020, 14:00 Uhr

1366

Robin Christian Andersen*

(Wien 1890 - 1969 Wien)

„Stillleben mit Maiskolben“
um 1936
Öl auf Leinwand
82 x 111 cm
Signiert links oben: R. C. Andersen
Etikett Österreichische Galerie rückseitig am Keilrahmen

Provenienz

Privatsammlung, Wien

Ausstellung

Wien 1946, Sezession, Ausstellung im Künstlerhaus, April-Mai 1946, s/w-Abb. S. 36

Das Gemälde wurde von Herrn Dr. Franz Smola für das Werkverzeichnis Robin Christian Andersen in der Reihe der Belvedere Werkverzeichnisse dokumentiert.

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Auktion ist beendet.

Zweifellos zählt Robin Christian Andersen zu den bemerkenswerten Künstlern der österreichischen Malerei der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ab 1911 war Andersen Mitglied der von Egon Schiele gegründeten und für die Kunstgeschichte so bedeutsamen Neukunstgruppe, er gehörte der gleichfalls von Schiele im Frühjahr 1918 ins Leben gerufenen, aber nur wenige Monate aktiven Neuen Secession an und war schließlich auch Mitglied des noch von Schiele wenige Wochen vor dessen Tod initiierten Sonderbunds österreichischer Künstler. In dieser bis 1932 bestehenden Künstlervereinigung sollte Andersen zeitweise eine leitende organisatorische Rolle spielen. 1932 wurde Andersen schließlich Mitglied der Wiener Secession. Hier fand 1967, zwei Jahre vor seinem Tod, auch eine umfangreiche Retrospektive seines Werks statt. Seit 1919 unterhielt Andersen in einem Atelier am Wiener Margaretengürtel eine private Malschule, und von 1945 bis 1965 leitete er eine Meisterschule für Malerei an der Wiener Akademie der bildenden Künste.

Vor und während des Ersten Weltkriegs stand Andersen den Vertretern einer frühen Rezeption der Kunst von Paul Cézanne nahe, insbesondere seinem Malerkollegen Anton Faistauer, der mit Andersens Schwester Ida verheiratet war. Cézannes Vorbildwirkung war wohl auch ausschlaggebend dafür, dass sich Andersen Zeit seines Lebens jenen beiden Gattungen besonders eng verpflichtet fühlte, die dem französischen Meister so sehr am Herzen gelegen waren, nämlich dem Stillleben und der Landschaft. In diesen beiden Gattungen schuf Andersen vor allem in den 1920er und 1930er Jahren Werke, die zu den herausragenden künstlerischen Leistungen der österreichischen Kunst dieser Zeit zählen.

Typisch für Andersens Stillleben und Landschaften ist eine Stilsynthese von expressiven und neusachlichen Elementen, wie sie in vergleichbarer Weise zur selben Zeit auch von einigen anderen Malerkolleginnen und -kollegen praktiziert wurde, etwa Josef Dobrowsky und Josef Floch. Das Gemälde “Stillleben mit Maiskolben“, das von Andersen wohl um 1936 gemalt worden sein dürfte, charakterisiert geradezu exemplarisch diese Stilsynthese. Einerseits weist die Komposition einen hohen Grad an Symmetrie und kalkulierter Raumeinteilung auf, etwa in der Art, wie die Tischplatte bühnenartig die Zentralperspektive und dadurch die Bildtiefe betont und wie die Früchte, besonders effektvoll die geschälten Maiskolben, radial auf der Tischplatte angeordnet erscheinen. Andererseits sorgt eine scheinwerferartige, aus der Bildtiefe kommende Beleuchtung für eine dramatische Lichtsituation, die der Künstler mit im Gegenlicht aufblitzenden Kanten und Rändern und markanten, kontrastierenden Schatten dynamisch schildert. Auch Andersens Pinselduktus wirkt lebhaft und kurzweilig und lässt etwa die sterile Glätte, welcher sich die Stillleben der Neuen Sachlichkeit verpflichtet fühlen, weit hinter sich.
(Franz Smola)