Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

25. Juni 2020, 14:00 Uhr

1332

Herbert Boeckl*

(Klagenfurt 1894 - 1966 Wien)

„Rotes Dach (Armenhaus bei Maria Saal)“
um 1927
Öl auf Leinwand
47 x 61 cm

Provenienz

österreichischer Privatbesitz

Das Bild wurde von Dr. Agnes Husslein-Arco und Dr. Matthias Boeckl im Original begutachtet und mit der Nr. 108a in das Werkverzeichnis der Gemälde von Herbert Boeckl aufgenommen (Bestätigung von Dr. Agnes Husslein-Arco per E-Mail, 16.01.2019 und 11.02.2019).

Schätzpreis: € 35.000 - 70.000
Ergebnis: € 59.400 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Herbert Boeckl war einer der einflussreichsten und prägendsten Maler der österreichischen Moderne. Als impulsgebender Professor und Leiter des berühmten „Abendaktes“ an der Akademie übte er nachhaltige Wirkung auf die nach dem Krieg heranreifende Avantgarde aus.
1894 in Klagenfurt geboren, war Boeckl als Maler Autodidakt. Schon früh stand er in engem Kontakt mit Oskar Kokoschka und Egon Schiele, der ihn an den Wiener Kunsthändler Gustav Nebehay vermittelte. Wegweisend für die eigene künstlerische Entwicklung war die Beschäftigung mit der französischen Malerei und vor allem jener Paul Cézannes, der für Boeckls gesamtes Oeuvre die Rolle des wesentlichen künstlerischen Vorbilds spielen sollte. Als Herbert Boeckl 1923 erstmals nach Paris reiste, begann eine intensive Auseinandersetzung mit dem Meister aus Aix en Provence. In der aktuellen Pariser Kunstszene fand damals eine euphorische Wiederentdeckung Cézannes statt, die Boeckl zur Überzeugung kommen ließ, dass das Studium der Malerei dieser Zentralfigur der Kunstgeschichte zwingend für die eigene künstlerische Selbstfindung sei. Nach seiner Rückkehr aus Paris entwickelte er die Anregungen der Farb- und Kompositionslehre Cézannes konsequent weiter. 1934 erhielt er den Österreichischen Staatspreis, 1935 wurde ihm die Leitung der Malklasse an der Akademie übergeben und er nahm an der Weltausstellung in Brüssel teil.
Im Oeuvrekatalog der Gemälde Herbert Boeckls findet sich das Armenhaus in Maria Saal mit dem markanten roten Dach in drei weiteren Gemälden aus 1926 und 1927 als Bildmotiv (Vgl. Herbert Boeckl. Retrospektive, Katalog Belvedere Wien, hrsg. von Agnes Husslein-Arco, Wien 2009, WV-Nr. 107-109, S. 349). Die Affinität zur Malerei Paul Cézannes zeigt sich in formalen Gestaltungsprinzipien wie der Vereinfachung der Formen und der Schwächung der Zentralperspektive. Raumschaffende Elemente bei der Darstellung des Hauses verbinden sich mit einer die Fläche betonenden Wiedergabe der Landschaft. Die Farbe wird dick und mit dynamischen Pinselstrichen auf die Leinwand aufgetragen. Das expressive Kolorit erhält bildtragende Funktion, es dominiert die Form.
(Claudia Mörth-Gasser)