Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

04. März 2020, 17:00 Uhr

0554

Martha Jungwirth*

(Wien 1940)

„o.T.“
1990
Mischtechnik auf dünnem Karton auf Leinwand; ungerahmt
186 x 142 cm
Signiert und datiert rechts unten: Martha Jungwirth 90

Schätzpreis: € 40.000 - 60.000
Ergebnis: € 105.300 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Die pastose Ölmalerei ist nicht Sache Martha Jungwirths, sie bevorzugt Aquarell und Mischtechnik auf Papier oder dünnem Karton, der auf Leinwand aufgezogen wird. Immer wieder knüpft sie in ihren einzigartigen Farbkompositionen an den seit den 1960er Jahren entwickelten „kontrollierten psychischen Automatismus“ (Hans-Peter Wipplinger, Martha Jungwirth. Retrospektive, Ausstellungskatalog, Kunsthalle Krems, Krems 2014, S. 15) an und vermittelt so ihre sensible Wahrnehmung der Wirklichkeit. Dabei haben ihre Kompositionen stets ihren Ausgangspunkt im persönlichen Empfinden der Künstlerin selbst. „Meine Kunst ist wie ein Tagebuch, seismographisch... Zeichnung und Malerei sind eine Bewegung, die durch mich durchgeht“ (Antonia Hoerschelmann, Klaus Albrecht Schröder (Hg.), Martha Jungwirth, Ausstellungskatalog, Albertina, Wien 2018, S. 16), erklärt sie und integriert wie selbstverständlich die körperliche Dimension in den Arbeitsprozess: „Das Malen ist eine körperliche, konzentrierte Aktivität. Ich male mit dem ganzen Körper, ich gehe um das Bild, ich habe keine Standfläche und keinen Fluchtpunkt, ich male am Tisch, am Boden, und meistens gleichzeitig an verschiedenen Sachen“ (Hoerschelmann, Schröder, S. 17), so Jungwirth. Der Bildträger „wird zur Partitur der eigenen Wahrnehmung und reagiert durch die Farbklänge ebenso wie durch die Fleckenstrukturen und wird gleichzeitig zum Resonanzkörper der innewohnenden Empfindung“ (Hoerschelmann, Schröder, S. 17). Dabei wird aber keineswegs eine reflektierte Herangehensweise ausgeschlossen, das Konzept ist vorher gedanklich festgelegt, es gilt eine „unsichtbare (subjektive) Realität in die Sichtbarkeit zu transponieren“ (Hoerschelmann, Schröder, S. 20). Aus dieser ausgeklügelten Balance zwischen Zufall und Kontrolle entstehen wundervolle Bildwelten.

Die Künstlerin kombiniert schwarze, gestische Partien mit stark leuchtenden, kraftvollen Farbfeldern, lässt assoziative Gebilde – figurale Partien oder Naturformen – entstehen, die harmonisch und zugleich spannungsgeladen koexistieren. Die Komposition wird einerseits durch einen inneren Zusammenhalt bestimmt, der durch den Dialog der farbigen Felder untereinander entsteht, und gleichzeitig von einer unglaublichen Dynamik. Es ist eine nach allen Seiten hin ausufernde Beweglichkeit, die durch die vom Bildträger vorgegebenen Grenzen kaum eingehalten werden kann. Die von außen durch die Bewegungen der Künstlerin ins Bild getragene Energie trifft mit der inneren, den Emotionen Jungwirths, zusammen und „wenn dieses Zusammentreffen glückt, dann geht die Malerei los“ (Martha Jungwirth in: Hoerschelmann, Schröder, S. 90).
(Sophie Cieslar)