0306
Gustav Klimt
(Wien 1862 - 1918 Wien)
„Fritza Riedler sitzend nach rechts (Studie zum Porträt Fritza Riedler)“
um 1904
schwarze Kreide auf Papier
45,2 x 31,7 cm
Provenienz
Privatsammlung, Wien;
Dorotheum Wien, 15.05.2018, Nr. 15;
dort erworben, österreichischer Privatbesitz
Literatur
Alice Strobl, Gustav Klimt. Die Zeichnungen 1904-1912, Bd. II, Salzburg 1982, WV-Nr. 1234, s/w-Abb. S. 31
Schätzpreis: € 25.000 - 50.000
Meistbot: € 40.000
Auktion ist beendet.
Fritza (Friederike) Riedler, geborene Langer (Berlin 1860 – 1927 Wien) war die Gattin von Aloys Riedler, Professor an der technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg. Ihr von Gustav Klimt geschaffenes, 1906 datiertes Porträtgemälde ist eines der Hauptwerke des Goldenen Stils und zeigt sich deutlich durch das von Diego Velázquez gemalte Bildnis der Infantin Maria Teresa inspiriert. Von diesem majestätischen Charakter sind auch die spätestens 1904 gezeichneten Studien für das Bildnis geprägt. Diese gehören zu den letzten Arbeiten, die Klimt mit schwarzer Kreide auf Packpapier gezeichnet hat; noch im selben Jahr (1904) sollte sich seine radikale Wende zu einer helleren Papiersorte und zur neuen Technik des Bleistifts vollziehen. Die dünnen Kreidelinien und die behutsam gliedernde Gestaltungsweise der Studien von Fritza Riedler kennzeichnen diese einmalige Übergangssituation.
Die vorliegenden Blätter (Kat. Nr. 305 und 306) vertreten verschiedene Phasen der zeichnerischen Vorbereitungen (Vergleiche: Alice Strobl, Gustav Klimt. Die Zeichnungen, Bd. II, Salzburg 1982, Nr. 1226-1246; Bd. IV, Salzburg 1989, Nr. 3542-3543b). Eine ruhige Ausgewogenheit zwischen geometrisch betonten, inselhaft voneinander abgesetzten Flächen kennzeichnet die Studie (Kat. Nr. 306) des nach rechts sitzenden, kerzengerade im Fauteuil thronenden Modells. Zwischen dem Betrachter und der aristokratisch abgehobenen Gestalt bildet die schwere Seitenlehne eine unverrückbare Barriere. Lebhafte Akzente wie ein leichtes Augenzwinkern oder rhythmisch betonte Querstriche durchbrechen die strenge Geometrie.
Die andere Studie (Kat. Nr. 305) kommt dem Gemälde in der Körperstellung, in den im Schoß ruhenden Händen wie auch im luftigen Rüschenkleid bereits nahe. Klimts Vorliebe für ornamentale Strukturen, charakteristisch für die frühe Phase seines Goldenen Stils, findet im diagonalen Linienfluss der Rüschen und Volants wie auch im fein rhythmisierten Halsschmuck ihre spezifische Ausprägung. Als besonderes Spannungselement setzt Klimt im Vordergrund die leere Fläche der ausgelassenen Sessellehne ein – die im Gemälde durch die rhythmische Verteilung von ägyptisch inspirierten Horusaugen dekorativ gesteigert wird.
(Marian Bisanz-Prakken)