Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

03. Dezember 2019, 18:00 Uhr

0374

Oskar Laske*

(Czernowitz 1874 - 1951 Wien)

„Wiener Prater mit Riesenrad um 1914“
1951
Öl auf Leinwand
65 x 120 cm
Signiert, bezeichnet und datiert rechts unten: O. Laske, um 1914, 1951
Rückseitig Künstlerhaus-Etikett: 1951/0078 (von Mag. Paul Rachler, Künstlerhaus Archiv Wien, bestätigt)

Provenienz

Sammlung Brau Union, Linz

Schätzpreis: € 60.000 - 90.000
Auktion ist beendet.

Oskar Laske ist ein unverwechselbarer Meister bunter Stadtlandschaften und Marktszenen, ein sprühender Erzähler, der aus einem reichen Fundus an literarischen, religiösen oder mythologischen Motiven schöpft und ein liebevoller Chronist seiner Heimatstadt Wien. Natürlich durfte thematisch auch der Wiener Grüne Prater und vor allem der Wurstelprater nicht fehlen. Die bunten Attraktionen und die unterschiedlichsten Menschentypen, die sich hier versammelten, boten dem Künstler ein variationsreiches Panoptikum, aus dem es zu schöpfen galt. Die im Laufe der Jahrzehnte entstandenen Praterbilder zeigen jene ureigene Verbindung von Oskar Laske mit dem Wiener Vergnügungspark, dessen bunte und skurrile Welt wie geschaffen ist für seinen narrativen Genius. „Laske gelingt es in seinen zahlreichen Praterbildern, das unbeschwert fröhliche und bewegte Leben dieses Wiener Vergnügungsviertels in malerisch und kompositorisch überzeugender Weise zu vermitteln. In der Suggestion dieser ganz spezifischen Stimmung, können die zahlreichen Praterbilder Laskes als eigene, geschlossene Gruppe aufgefaßt werden.“ (Cornelia Reiter, Oskar Laske. 1874-1951, Leben und Werk, Dissertation an der Universität Wien, Wien 1992)

Das große Praterbild in Öl malte Oskar Laske 1951, es ist aber nicht der zeitgenössische Prater, den der Künstler hier porträtiert, sondern der historische Vergnügungspark aus der Zeit um 1914. Wir sehen im Hintergrund das damals kaum 20 Jahre alte Riesenrad, das hoch über die bunten Schaubuden und Karusselle emporragt. Zwei Jahre später wäre das Wahrzeichen der Stadt Wien fast geschliffen worden, aber in den Kriegsjahren fehlte dafür das Geld. Im Bildmittelpunkt schildert der Künstler das bunte Praterleben wie wir es kennen und lieben. Buntgekleidete Familien mit Kindern schlendern von einer Attraktion zur nächsten, werden von Ballonverkäufern und Marktständen mit süßen Köstlichkeiten angelockt. Doch gleichzeitig erzählt Laske von den sozialen und politischen Zuständen der Stadt zu Beginn des Ersten Weltkriegs. Wien ist bei Ausbruch des Krieges zu einer Stadt mit über zwei Millionen Einwohnern herangewachsen. Die politischen Spannungen führen aber schon vor Kriegsausbruch zu einer Depression und hoher Arbeitslosigkeit. Im Vordergrund des Bildes, in einer spannungsreichen Schattenzone, siedelt Oskar Laske die Vertreter aller Gesellschaftsschichten an. Wir sehen Vertreter des k. u. k. Militärs, in Uniformen der Infanterie und Kavallerie, einen vornehmen Herren in samtenen Gehrock hoch zu Pferd, flankiert von einem Pärchen der guten Wiener Gesellschaft, das seinen Hund im Prater spazieren führt. Im rechten Eck sehen wir ein elendes, älteres Paar, Vertreter des Lumpenproletariats, die wohl zum Betteln in den Prater gekommen sind. Auch die Natur spiegelt die Licht- und Schattenseiten der damaligen Zeit wider. Die nahezu entlaubten Bäume und die Krähen vor dem Riesenrad verweisen auf die heranziehende Kälte und den Winter, dagegen ist das Riesenrad und das bunte Karussell in der Bildmitte von blühenden Kastanienbäumen umgeben. Ein weiteres interessantes Detail, das ebenfalls als Zeichen für das Herannahen bedeutender Ereignisse interpretiert werden kann, ist die eigentümliche Konstellation der Himmelskörper rechts oben im Bild. Wir sehen gleichzeitig eine Sonnenfinsternis und eine partielle Mondfinsternis, beides Ereignisse, die im Jahr 1914 tatsächlich Ende August und Anfang September stattgefunden haben. Oskar Laske zeigt hier seine Meisterschaft in einer Schilderung, die über das Fröhlich-Dekorative weit hinausgeht. Mit seiner sensiblen, malerischen Erzählkunst fängt er das ganze Schicksal einer Epoche in einem einzigen Bild ein.
(Sophie Cieslar)