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Auktion: Antiquitäten

23. Oktober 2019, 14:00 Uhr

0724

Wöchnerinnentisch

Österreich, um 1780/90
Eibe und Palisander, furniert; zweiteiliges Möbel; rechteckige Form mit abgerundeten Ecken, schmale, geschwungene Zarge; 1 Lade; die vierteilige Deckelplatte aufklappbar, in der Mitte ein rechteckiger, verstellbarer Pultdeckel, daneben ein schmaler, länglicher Deckel, links und rechts davon zwei lang-ovale Deckel, darunter Fächer; leicht geschwungene Tischbeine; Rauten-Marketerie auf der Oberseite; Messingbeschläge; altes Schloss; oberer Teil des Tischchens abnehmbar, mit kurzen Füßen; Brandzeichen von Erzherzog Ludwig Victor auf der Unterseite
74 x 64 x 36 cm

Provenienz

Versteigerung Dorotheum, Wien, Gesamteinrichtung Schloss Kleßheim, Nachlass Erzherzog Ludwig Victor, 30. Mai - 3. Juni 1921, Lot 383;
Privatbesitz, Wien

Schätzpreis: € 50.000 - 80.000
Auktion ist beendet.

Dieses sogenannte "Wöchnerinnentischchen" stammt aus dem ursprünglichen Besitz von Erzherzog Ludwig Victor von Österreich (1842-1919), dem jüngsten Bruder von Kaiser Franz Joseph I. von Österreich. Wie für die Mitglieder des Kaiserhauses üblich, durchlief er eine traditionelle Militärlaufbahn - er wurde General der Infanterie und ihm wurde die Leitung eines Regiments übertragen, das seinen Namen trug. Sein Bruder Maximilian, Kaiser von Mexiko, sah ihn als seinen Nachfolger vor, was er aber ablehnte. Ludwig Victor interessierte sich indes viel mehr für Kunst und die Errichtung von Palais. Zu erwähnen sind hier vor allem das von Heinrich von Ferstel im Renaissance-Stil erbaute Palais Erzherzog Ludwig Viktor am Schwarzenbergplatz und die von ihm ausgesuchte Ausstattung des Schlosses Kleßheim. Im Jahr 1864 zog er nach Salzburg, wo er sich der Errichtung weiterer Bauten, wohltätigen Spenden und Kunstförderungen widmete. Erzherzog Ludwig Victor starb im Jahr 1919 im Alter von 76 Jahren auf Schloss Kleßheim.

Bei diesem Wöchnerinnentischchen handelt es sich um ein seltenes Kombinationsmöbel. Es besteht aus zwei Teilen, die nicht als solche erkennbar sind, sondern in zusammengestelltem Zustand ein kleines, elegantes Tischchen ergeben. Das Oberteil ist frei abnehmbar, damit man es auf das Bett stellen konnte. Dieses kann in ein kleines Lesepult umgewandelt werden und hat Klappen unter denen sich Utensilienfächer verbergen. Ein vergleichbares französisches Wöchnerinnentischchen des Ebenisten Antoine-Mathieu Criard (1724-1787) befindet sich im Museum für angewandte Kunst, Wien. (vgl. Katrin Unterreiner, Luziwuzi. Das provokante Leben des Kaiserbruders Ludwig Victor, Wien/Graz 2019)