Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

17. Juni 2019, 16:00 Uhr

0512

Rudolf Wacker

(Bregenz 1893 - 1939 Bregenz)

„Am breiten Tor (Goslar)“
1926
Öl auf Holz
72 x 55 cm
Signiert und datiert rechts unten: R. Wacker / 1926
Rückseitig eigenhändig bezeichnet: B55H72 / Rudolf Wacker / (Goslar 1926) / "Am Breiten Tor"

Provenienz

Dr. Behrens, Goslar (1932 von Rudolf Wacker als Honorar für eine Operation bei Ilse Wacker erhalten);
seither in Familienbesitz, Privatbesitz, Deutschland

Ausstellung

1927 Bregenz, Vorarlberger Landesmuseum und Konstanz, Wessenberghaus (Ausstellung "Der Kreis. Maler und Bildhauer am Bodensee");
1928 Stuttgart und Karlsruhe (Ausstellung "Der Kreis. Maler und Bildhauer am Bodensee")

Literatur

Max Haller, Rudolf Wacker 1893-1939. Biografie mit dem Oeuvre-Katalog des malerischen Werkes, Lustenau 1971, WV-Nr. 43 (s/w-Abb.)

Wir danken Dr. Jürgen Thaler, Franz-Michael-Felder-Archiv der Vorarlberger Landesbibliothek/Vorarlberger Literaturarchiv, für die freundlichen Hinweise.

Schätzpreis: € 50.000 - 80.000
Ergebnis: € 128.000 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Rudolf Wackers Frau Ilse stammte aus Goslar und deshalb hielt sich das Paar immer wieder für längere Zeit in der niedersächsischen Stadt auf. Auch in den Wintermonaten 1926/27 war Rudolf Wacker bei den Schwiegereltern zu Gast. Er ließ sich von der pittoresken Altstadt mit ihren Spitztürmen in grauem Schiefer, den roten Ziegeldächern und den bunten schiefen Hauswänden zu zahlreichen Studien inspirieren, die ihm als Vorarbeiten für seine im Atelier gemalten Bilder auf Holz dienten. Am 8. Dezember 1926 notierte er in sein Tagebuch: "- Laufe in den Straßen des alten Städtchens herum. Schwefelgeschmack im Munde vom Bergwerk her. - Herrliche rote Ziegelwände u. Dächer. Grauer Schiefer, reiche Struktur. Bunte Hauswände - rote, grüne, blaue, graue, weiße - mit dunklem Balkenwerk. Wie die Gassen (die Krümmungen der Trottoirs) überall um die Ecken laufen, Straßen und Häuser Einheit sind! - Auf Schritt und Tritt Motive - ich will nun die für mich reichsten auswählen." (vgl. Sagmeister, Rudolf Wacker. Tagebücher 1913-1939, Bd. 2, Vaduz 1990, S. 505)
Ende 1926 entstand die vorliegende Stadtansicht. Am 16. Dezember dieses Jahres findet sich folgende Tagebuchnotiz: "Heute das Motiv 'Am Breitentor' auf der Tafel begonnen. - Der Ölfarbengeruch in unserm Zimmer hier erinnert mich heimelig an unser Wiener Zimmer ..." und am 7. Jänner 1927 schreibt Wacker: "(...) Das Bild ist vollendet (22 Tg.)..." (vgl. Sagmeister, S. 507f.). Auch in einem Brief vom 10. Jänner 1927 findet das Bild Erwähnung: "Mein erstes Bild 'Am Breiten Tor' B54 H71 cm ist nun fertig geworden - ich weiß nicht ob es so gut ist wie die letzte Bregenzer Landschaft, aber es ist sicher anständig u. mit vielem Fleiß gemalt."
Wacker zeigte das Gemälde mehrfach im Rahmen von Ausstellungen der Künstlergruppe „Der Kreis“, bevor er das Bild 1932 dem in Goslar ansässigen Arzt Dr. Behrens übergab. Der Gynäkologe hatte bei Ilse Wacker eine Operation durchgeführt und Wackers Stadtbild von Goslar als Honorar für seine ärztlichen Dienste entgegen genommen. Das Gemälde, das bislang nur durch ein Schwarz-Weiß-Foto aus dem Nachlass Wackers dokumentiert war, befand sich seit 1932 in Familienbesitz.
(Claudia Mörth-Gasser)