Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

17. Juni 2019, 16:00 Uhr

0525

Franz Sedlacek

(Breslau 1891 - 1945)

„Landschaft mit Nebelmeer“
1921
Öl auf Karton
71 x 71 cm
Monogrammiert und datiert links unten: fS / 1921
Rückseitig eigenhändig auf Karton bezeichnet: Nr. 4 Franz Sedlacek / Wien, Februar 1921. / "Landschaft." / (mit Nebelmeer.) / Preis K 13.000

Provenienz

Franz Steindl, Wien, direkt vom Künstler erworben;
seither durch Erbfolge in Familienbesitz, Privatbesitz USA

Das Gemälde wurde in die Ergänzung des Werkverzeichnisses der Gemälde aufgenommen.

Schätzpreis: € 250.000 - 500.000
Ergebnis: € 448.000 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Zwischen 1920 und 1924 malte Franz Sedlacek eine Reihe von Gemälden in Braun- und Blautönen auf Karton. Das Gemälde "Landschaft mit Nebelmeer" ist ein frühes Meisterwerk Sedlaceks aus dieser sogenannten „Braun-Blauen Phase“. Sedlacek interpretiert in seinem eigenen Stil das bekannte Gemälde „Wanderer über dem Nebelmeer“ von Caspar David Friedrich, das 1818 entstanden ist. Die metaphorische, mit weiterem Bedeutungshorizont angelegte Bildsprache und die symbolhaft angereicherte Natur ist eine typische Sichtweise der Romantik des 19. Jahrhunderts. Diese Bezüge der Romantik zur Neuen Sachlichkeit wurden immer wieder betont. 1929 fand in Linz die Ausstellung „Neuromantik und Neue Sachlichkeit in Oberösterreich“ mit Werken Franz Sedlaceks statt.
Der schlaksige Wanderer mit hohem Zylinder - eine typische Sedlacek-Figur – ist in seiner Rückenansicht die Identifikationsfigur für den Betrachter. Der Horizont teilt das Bild in eine irdische und in eine himmlische Zone. Das Herausgehobensein des Menschen über die Welt ergibt eine neue Begegnung mit der Natur, die zum Gegenstand einer gewissen Erhabenheit wird. Die kahlen Gipfel, Zeugen einer irdischen Tristesse, ragen aus dem Nebelmeer und ermöglichen dem emporgestiegenen Menschen den Blick in die himmlische Sphäre. Im übertragenen Sinn wird dies verstärkt durch den Baum, der sich wie ein Ornament ausbreitet, voller Leben die Sonne umrankt und einem Vogel Sitzgelegenheit bietet. Nicht zufällig ist dies ein Paradiesvogel mit den zweigeteilten langen Schwanzfedern, der auf den Wanderer herabblickt und ihm den weiteren Weg zu zeigen scheint.
Die "Landschaft mit Nebelmeer" ist eine „Landschaft der Seele“ mit einer betont idyllisch-poetischen Komponente, wie der österreichische Lyriker und Essayist Friedrich Sacher Sedlaceks Werke beschreibt. Wie die romantischen Gemälde Friedrichs ist Sedlaceks Bild aus gut durchdachten Komponenten zusammengebaut, die einer klaren ästhetischen Ordnung folgen. Das macht das Gemälde "Landschaft mit Nebelmeer" zu einem Meisterwerk!
(Andreas Strohhammer)

Sedlaceks Gemälde "Landschaft mit Nebelmeer" befand sich einst in Besitz von Franz Steindl, der mit seiner Frau Elise von Rast das Hotel-Café-Meierei Siller in der Schönbrunner Alle 66 in Wien-Hetzendorf führte. Franz Steindl war der Neffe von Josef Siller, dem bekannten Hotelier und bedeutenden Kunstmäzen. Letzterer besaß das renommierte Kaffeehaus Siller am Kaiser-Ferdinands-Platz, dem späteren Schwedenplatz, und das sogenannte "Kleine Sacher", 1934 übernahm Siller auch das Hotel Sacher. Seinem Neffen, Franz Steindl, schenkte Josef Siller die Hetzendorfer Café-Meierei, die von schönen Gärten umgeben war, zur Hochzeit. Dort, bei Franz Steindl in der Café-Meierei Siller, war Franz Sedlacek - wie andere Künstler auch - ein gerne gesehener Gast. Dem Kaffeehausbesitzer war daran gelegen, Künstler zu fördern - wohl nach dem Vorbild seines Onkels Josef Siller, einem Kunstmäzen alten Stils, dessen Sammlung neben Glas- und Silberarbeiten etwa 1.500 Gemälde vom Biedermeier bis zur Moderne umfasste. Von Franz Sedlacek, der in den 1920er Jahren noch am Beginn seiner Malerkarriere stand, erwarb Steindl ein außergewöhnliches Werk: die 1921 gemalte "Landschaft mit Nebelmeer". Das Gemälde sollte fast ein Jahrhundert lang im Eigentum der Familie Steindl bleiben. Die Erben nach Franz Steindl übersiedelten Sedlaceks Bild in den späten 1970er Jahren nach New York. Nun hat das der Fachwelt bislang unbekannte Gemälde aus der frühen Schaffensphase Sedlaceks seinen Weg zurück nach Wien gefunden.
(Claudia Mörth-Gasser)