Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

19. Juni 2018, 18:00 Uhr

0421

Oskar Laske*

(Czernowitz 1874 - 1951 Wien)

„Absalom“
1931
Tempera auf Leinwand
85 x 95 cm
Signiert rechts unten: O. Laske
Betitelt und mit der Opus-Nr. bezeichnet links unten: Absalom / 78

Provenienz

Dorotheum Wien, 27. 11. 2007, Nr. 36;
österreichische Privatsammlung

Ausstellung

1931 Wien, Secession, Frühjahrsausstellung 15. 03. 1931, Nr. 1

Literatur

Peter Chrastek u.a., Expressiv, Neusachlich, Verboten. Hagenbund und seine Künstler Wien 1900-1938, Wien Museum und der Verein der Freunde und der Wissenschaftl. Erforschung des Hagenbundes (Hg.), Wien 2016, Abb. S. 161

Schätzpreis: € 20.000 - 40.000
Auktion ist beendet.

Schon Opus 1, eines jener Werke, die Oskar Laske mit Nummern versehen als zentral in seinem Ouevre erachtetete, widmet der Künstler einem biblischen Thema, nämlich der Arche Noah. Weitere Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament folgen. Opus 78 aus dem Jahr 1931, das auch in der Frühjahrsausstellung der Wiener Secession zu sehen war, zeigt eine Begebenheit aus dem 2. Buch Samuel.

Absalom, einer der jüngeren Söhne des König David, will seinen Vater stürzen und vertreibt ihn aus Jerusalem. Doch dieser ersinnt eine List und lockt den Sohn über Spitzel aus der Stadt in den Wald Efraim, wo Absalom in einen Hinterhalt gerät. Auf der Flucht vor den Soldaten des Vaters verfangen sich seine langen Haare in einer Baumkrone und er wird von den Häschern getötet, obwohl diese vorher von David angewiesen worden waren, ihn zu verschonen.

Es ist typisch für Oskar Laske, dass er sich auf konkrete Stellen der Bibel bezieht und „den vorgegebenen Text in oft fast dichterischer Weise weiterspinnt“ (Cornelia Reiter, Oskar Laske. Ein vielseitiger Individualist, Salzburg 1995, S. 30). Blickt man auf die Szene ohne den Kontext zu kennen, fühlt man sich an Johann Wolfgang von Goethes Erlkönig erinnert, eine Ballade, die der belesene Künstler sicherlich gekannt hat. Ein wilder Reiter, gejagt von seinem eigenen Schatten, galoppiert durch einen finsteren Wald. Auf den zweiten Blick sehen wir, dass der Unglückliche mit seinen Haaren an einem knorrigen Ast hängengeblieben vom Pferd gerissen wird. Aber von den Häschern des König David fehlt in dieser Erzählung jede Spur. Erst bei näherem Hinsehen erkennen wir in dieser unwirtlichen Landschaft, die nur aus Felsen und knorrigen Ästen besteht, Tiere, die in der biblischen Erzählung eigentlich nicht vorkommen. Vorne links sehen wir die schattenhaften Umrisse zweier großer Bären. Dieses starke und gefährliche Tier ist in der Bibel ein Sinnbild des Unheimlichen und Bösen, das hier wohl stellvertretend für die Häscher steht, die dem fliehenden Königssohn den Tod bringen werden. Rechts im Bild schleicht ein majestätischer Tiger über die Felsen und blickt vom Geschehen weg. Die Raubkatze ist ein Symbol für Kraft und Unabhängigkeit, aber auch ein königliches Wappentier. Steht sie hier für die Unabhängigkeit, für die Absalom kämpft und die sich von ihm abwendet, oder ist sie Stellvertreter des Königs, der die Häscher nach seinem Sohn geschickt hat und dem es misslingt, die schützende Hand über den Sohn zu halten? Auch die kahlen Felsen und bizarren, blätterlosen Bäume sind Sinnbilder der nahenden Katastrophe. Eigentümlich auch der Kontrast der grauen Felslandschaft zu den beiden schneebedeckten Wipfeln links im Bild, mit den von der Sonne ins zartrosa Licht getauchten Hängen. Die Sonne, die rechts oben vom Bildrand überschnitten zu sehen ist, schickt ihre Strahlen zur Erde und an manchen Stellen gelingt das auch, obwohl sich dunkle Wolken vor sie geschoben haben, sodass die rechte Bildhälfte im tiefen Schatten liegt, dem nur das gelbe Fell des Tigers zu trotzen weiß. Ein Sonnenstrahl trifft punktgenau auf jene Stelle, an der der unglückliche Absalom im Baum hängengeblieben ist und beleuchtet das schreckensgeweitete Gesicht des Königssohns, der wohl sein Schicksal schon erahnt. Oskar Laske erweist sich einmal mehr als meisterhafter Dramaturg, dem es zielsicher gelingt, die Erzählung auf den Höhepunkt zuzuspitzen. (Sophie Cieslar)