Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

19. Juni 2018, 18:00 Uhr

0311

Franz Sedlacek

(Breslau 1891 - 1945)

„Der Professor im Atelier“
1925
Aquarell auf Papier
34 x 26 (Blattgröße), 29 x 23 cm (Passep.-Ausschnitt)
Monogrammiert und datiert rechts unten: fs / 1925

Provenienz

Privatbesitz, England;
Auktionshaus im Kinsky, 20. 04. 2010, Nr. 414;
europäische Privatsammlung

Literatur

Elisabeth Hintner-Weinlich (Diss.), Der Maler und Graphiker Dr. Franz Sedlacek, Dissertation, Innsbruck 1987, Kat. Nr. 143, Abb. 131e (Titel dort: Der Magier);
Gabriele Spindler, Andreas Strohhammer, Franz Sedlacek 1891-1945. Monografie mit Verzeichnis der Gemälde, Auktionshaus im Kinsky (Hg.), Wien 2011, Abb. S. 61

Schätzpreis: € 25.000 - 50.000
Auktion ist beendet.

Franz Sedlaceks im Jahre 1925 entstandene Aquarelle (Lot 311-316) sind ein Zeugnis einer phantastischen Bildwelt, die einmal mehr seine starke Ausdrucksfähigkeit unterstreichen. Der narrative Charakter dieser Bildfolge lässt vermuten, dass eine literarische Vorlage den Motiven zugrunde liegt. So hat Sedlacek 1923 Federzeichnungen zu Novellen Edgar Allen Poes angefertigt.
Die vorliegenden Blätter weisen zwar keinen offensichtlichen literarischen Zusammenhang auf, beschäftigen sich aber mit Themen, die Sedlaceks skurrile und utopische Vorstellungskraft offenbaren. Der "Professor im Atelier" zeigt die magische Welt der Alchemie mit all seinen Utensilien: vom schwarzen Raben und getrockneten Kräuterbüschel bis zum leuchtenden „Stein der Weisen“ unter der Glasglocke. Eine Szenerie, die den promovierten Chemiker Sedlacek öfters beschäftigte. Wunderbar märchenhaft wirkt das Blatt "Das Einhorn". An einer Tränke im Wald steht erhaben das Tier und erblickt die herannahende Prinzessin. Neben der Malerei war Sedlacek auch literarisch tätig und schrieb neben der phantastischen Erzählung „Die Stadt“ zahlreiche Lautenlieder und das Gedicht „Das Einhorn“, die ganz im Stile eines Christian Morgenstern und Joachim Ringelnatz verfasst wurden. Sehr romantisch angelegt ist das Aquarell "Die Liebesinsel", das einem Märchen aus 1001 Nacht entstammen könnte. Ein weiteres Blatt zeigt eine hoch aufragende Burg. Gleich einer gotischen Kathedrale mit spitzen Türmchen ragt sie auf einem Felsen über dem Meer und birgt ein kleines Zitat, das Sedlacek in seiner Malerei gerne verwendet: der schwarze Reiter, der am Ufer eilig dahin galoppiert. Die Ansammlung von Tieren in "Kreaturen der Nacht" malt Sedlacek im gleichen Jahr nochmal auf dem Heiligengemälde St. Antonius, der den Versuchungen der Phantasiewesen freilich widersteht. Das Blatt "Kristallwelt", wo ein Lanzenträger erstaunt vor übergroßen bunten Mineralien steht, erinnert sehr an eine unterirdische Welt bei Jules Verne.
Die karikaturhafte Überzeichnung gehört zu Sedlaceks Arbeitsweise und macht neben seiner gekonnten Maltechnik die faszinierende Wirkung seiner Bilder aus. Die epische und erzählerische Qualität dieser Aquarelle fordert uns Betrachter, die Geschichten in unserer Phantasie zu Ende zu denken. (Andreas Strohhammer)