Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

21. Juni 2017, 18:00 Uhr

0808

Hans Staudacher*

(St. Urban 1923 - 2021 Wien)

„"7 Pinsel im Ruhestand"“
1960
Mischtechnik auf Holzplatte auf Holz und sieben Pinsel mit Nägel in der Bildmitte montiert; ungerahmt
121 × 84 cm
Signiert und datiert rechts unten: H Staudacher 1960
Datiert rechts oben: 1960
Rückseitig auf Holz signiert und bezeichnet: H. Staudacher 7 Pinsel im Ruhestand

Provenienz

Privatbesitz, Deutschland

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Meistbot: € 21.000
Auktion ist beendet.

„Die Position, die er im Kunstgeschehen nach 1945/50 einnimmt, ist singulär“, schreibt Peter Baum einleitend im Katalog zur Ausstellung im Museum Liaunig 2016. (Peter Baum in: Alte Freunde: Hans Staudacher. Ausstellungskatalog, Neuhaus 2016, S.5). Hans Staudacher gilt als Doyen der zeitgenössischen, informellen Malerei in Österreich. In den 1950er Jahren beginnt er als Autodidakt abstrakt zu malen. In den darauffolgenden Jahren entstehen Arbeiten, die dem sogenannten „Lyrischen Informel“ zuzuordnen sind, einer poetisch-sinnlichen, spontan-improvisatorischen Richtung der form- und gegenstandslosen Kunst.

„7 Pinsel im Ruhestand“ entsteht in einer Zeit, in der Staudacher seine poetische Bildsprache findet und ausformuliert. Staudacher hält sich 1960, wie auch schon einige Male zuvor, wiederholt in Paris auf, wo er mit österreichischen Zeitgenossen wie Arnulf Rainer und Maria Lassnig die internationale Avantgarde aufspürte. Staudacher lernt in Paris den Tachismus kennen, eine Spielart des Informel. Die von Emotion, spontanem und gestischem Farbauftrag mit Flecken und Klecksen gekennzeichnete Stilrichtung, inspiriert ihn. In Österreich damals weniger beachtet, stellt Staudacher um 1960 vor allem in Deutschland und in Frankreich aus. Die Arbeiten aus dieser Zeit begründen Staudachers Erfolg. Damals dominieren Grau, Schwarz und Weiß in seinen Bildern. Den Malgrund belässt er häufig unbearbeitet, verwendet ungrundierte Jute oder Holzplatten.
„7 Pinsel im Ruhestand“ trägt Züge des Action Painting Jackson Pollocks, begibt sich in dessen Nah-Verwandtschaft. Staudacher vollzieht eine spürbar intuitiv-vitale Malerei, befördert temperamentvoll-befreit, aber auch konzentriert-kontemplativ die Farbe auf den Holzgrund, die sich darauf in dicken braunen Pinselstrichen, sowie in schwarz-weißen Rinnsalen, Klecksen, gestischen Spuren, kalligraphischen Elementen und feinen Krakeleien manifestiert und zur Bildmitte hin verdichtet. Staudacher bedient sich der Dripping-Technik Pollocks, vollzieht mit dem vor Farbe triefenden Pinsel in der Luft, mit etwas Abstand zum Malgrund, rhythmische, locker-leichte Bewegungen, die auf der Fläche in chaotischen Kreisel-, Zick-Zack-artigen und skripturalen Formen enden. In dieser expressiv-abstrakten Malerei bilden sich deutlich Gestik und Aktion ab.

Im Titel ist Hans Staudachers Sinn für Humor abzulesen: „7 Pinsel im Ruhestsand“ mag auf längere Zeit unbenutzte Pinsel verweisen oder auch deren Zustand im Ruhestand beschreiben. Das Werk verdeutlicht in jedem Fall die Funktion der Malwerkzeuge, Farbe aufzutragen, sowie Variationen ihrer Handhabung. (Isabell Kneidinger)