Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

29. November 2016, 18:00 Uhr

0342

Oskar Laske*

(Czernowitz 1874 - 1951 Wien)

„Die Kreuzigung, Opus 3“
1911
Tempera und Öl auf Karton
150 × 190 cm
Signiert rechts unten: O. Laske
Rückseitig diverse Ausstellungsetiketten

Provenienz

Nachlass des Künstlers;
Privatbesitz, USA;
Wienerroither & Kohlbacher, Wien;
österreichischer Privatbesitz

Ausstellung

1911 Prag, Rudolfinum, Oktober, "Die Kreuzigung", Tempera;
1912 Wien, Hagenbund, Frühjahrsausstellung, März;
1913 Budapest, Kollektivausstellung, Januar;
1913 München, Kgl. Glaspalast, Internationale Kunstausstellung, Mai (altes Etikett rückseitig);
1914 Amsterdam, Larensche Kunsthandel, 495 Heerengracht, Jänner (altes Etikett rückseitig);
1914 Berlin, Große Berliner Kunstausstellung (altes Etikett rückseitig);
1952 Wien, Künstlerhaus, Frühjahrsausstellung, Nr. 122 (altes Etikett rückseitig)

Literatur

Felix Braun, Wiener Frühjahrsausstellungen, in: Kunst für Alle, München 1912, Band 27, Abb. S. 451;
Felix Braun, Wiener Frühjahrsausstellungen, in: Die Kunst Monatshefte für freie und angewandte Kunst, München 1912, Band 25, Abb. S. 451;
Oskar Laske, Der künstlerische Nachlass, herausgegeben von Lily Schulz-Laske und Elisabeth Kesselbauer-Laske, Wien 1952, opus 3, S. 7 (o. Abb.);
Cornelia Reiter, Oskar Laske (1874-1951). Ein vielseitiger Individualist. Verlag Galerie Welz, Salzburg 1995, S. 29, Abb. 22, S. 10, Abb. 4 (Foto mit 'Die Kreuzigung, Opus 3' im Hintergrund);
Oskar Laske, Die Kreuzigung, Opus 3, Katalog Wienerroither & Kohlbacher, Wien 2012

Schätzpreis: € 80.000 - 160.000
Ergebnis: € 105.300 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Das eigentliche Thema der Komposition ist nicht das Geschehen der Kreuzigung, das sich ganz im Hintergrund auf dem Berg Golgatha abspielt, sondern das wilde Treiben der Menschenmenge im Vordergrund, die alle Laster der Welt zu versinnbildlichen scheint. In der Interpretation dieses Themas besteht offenkundige Geistesverwandtschaft zu Pieter Bruegel dem Älteren, insbesondere zu seiner 'Kreuztragung Christi' im Wiener Kunsthistorischen Museum von 1964. Auch bei Pieter Bruegel dem Älteren ist die Schaustellung der Verderbtheit und Gleichgültigkeit der Menschen im Vordergrund das eigentliche Thema des Bildes. Bei Laske geht die Darstellung der Menschenmenge jedoch noch über Bruegel hinaus.

Unerschöpflich ist die Vielfalt der dargestellten Szenen, die nur in einem langsamen "Lesen" des Bildes in ihrer Vielzahl erfasst werden können. Das ganze Schauspiel erscheint, unterstützt durch die ebenfalls von zahlreichen Menschen belebten orientalischen Architekturformen, wie ein orientalisches Volksfest, bei dessen Schilderung nach eigener Aussage das Erlebnis der Türkeireise 1911 direkt nachwirkte. Die besondere Qualität dieses Bildes liegt in der klaren Disposition des Grundgedankens: die Bezugnahme des Kreuzestodes Christi auf die Laster und Sünden der Menschheit, die durch das Geschehen auf Golgotha Erlösung findet. Die Verbindung zwischen der Erlösungstat im Hintergrund und der scheinbar von diesem Geschehen ganz unberührten, ihren Lastern ergebenen Menschheit im Vordergrund wird durch die in langen, dichten Reihen auf den Berg hinauf und somit Erlösung zustrebende Menge sinnfähig hergestellt.

Neben dieser gelungenen Gesamtkomposition ist vor allem auch die Massendarstellung hervorzuheben, die in der Gesamtheit der einzelnen drastisch gezeigten Szenen einen allgemeinen Ausdruck menschlicher Laster versinnbildlicht. Diese Wechselwirkung zwischen der Masse, die aus genau charakterisierten Einzelindividuen besteht und dabei doch ganz homogene Masse ist, deren zahllose Sonderexistenzen scheinbar in einer Kollektivseele zusammenfließen, ist ein typischer Wesenszug von Laskes Kunst.
(Cornelia Reiter, in: Katalog Wienerroither & Kohlbacher, Oskar Laske. Die Kreuzigung, Opus 3, 1911, Wien 2012)