Auktionshaus

Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts

12. April 2016, 17:00 Uhr

0295

Emil Jakob Schindler

(Wien 1842 - 1892 Westerland)

„Das Schwefelbacherl bei Goisern“
1885
Öl auf Holz
56 × 39,5 cm
Signiert, datiert und bezeichnet links unten: Schindler (18)85 Goisern

Provenienz

H. O. Miethke, Wien, 86. Kunstauktion, 5. Dezember 1892, S. 10, Nr. 4 (Abb.);
Kende, Wien, 117. Kunstauktion, 9. Dezember 1932, Nr. 246 (Abb.);
Privatbesitz, Österreich

Literatur

Hartwig Fischel, Emil Jakob Schindler, in: Zeitschrift für bildende Kunst, NF 9 (1897/98), S. 106 (Abb.);
Heinrich Fuchs, Emil Jakob Schindler. Zeugnisse eines ungewöhnlichen Künstlerlebens. Werkverzeichnis, Wien 1970, S. 235, WV-Nr. 510

Schätzpreis: € 25.000 - 50.000
Ergebnis: € 40.960 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Der Begriff „Stimmungsimpressionismus“, der als Bezeichnung für die österreichische Landschaftsmalerei des späten 19. Jahrhunderts gefunden wurde, hat seine Berechtigung vor allem in Bezug auf die Malerei Emil Jakob Schindlers und übertrug sich in Folge auf die Arbeiten seiner Schüler Marie Egner, Carl Moll und Olga Wisinger-Florian. Als Künstler und Lehrer beschäftigte sich Schindler intensiv mit der das Jahrhundert beherrschenden Frage, wie Natur in Kunst zu übertragen sei und beweist in seinen Abhandlungen und Tagebucheintragungen eine scharfe Urteilskraft und präzise Überlegungen. So erkannte er u.a., dass dieselben Farben, wie besonders Grün und Blau, in der Natur anders auf das Auge wirken als auf der Leinwand; daher sei die Natur auch nicht „abzuschreiben“, vielmehr gelte es, „ihre weihevollen Momente“, ihre Poesie, herauszufühlen. Und hier liegt die Größe von Schindlers Kunst: eine seltene Symbiose von Malerei, Musik und Poesie zu schaffen und mit großer künstlerischer Kraft umzusetzen.

In der Biographie von Emil Jakob Schindler markieren die in Goisern im Salzkammergut verbrachten Sommermonate zwischen 1881 und 1885 den Beginn einer freien, relativ sorglosen Schaffensperiode, in der sich Schindler ganz dem Leben in der Natur und dem Malen widmen konnte. Mit seiner Familie wohnte er in einem kleinen, von einem Bauerngarten umgebenen Haus, sein Lieblingsmotiv, die Mühle, in der Nähe und viele Orte, die seinen poetischen Sinn inspirierten. Ähnlich wie die Maler von Barbizon und - mit Einschränkung - von diesen inspiriert, sind es die einfachen, unscheinbaren Dinge, die malerisch erhöht werden.

Auch das Motiv unseres Bildes, liebevoll als „Schwefelbacherl“ bezeichnet, ist per se kein aufregender Ort, aber Schindler gelingt es, dieses idyllische Plätzchen malerisch wie poetisch zu adeln. Für seine Beschreibung bedient man sich unweigerlich mit Begriffen aus der Musik: wie eine Symphonie von Grüntönen in zarten Schattierungen, die in den Silberglanz des Wassers fließend übergehen, erscheint das um den Bach rankende Gewächs an Sträuchern und Gräsern. Im Akkord dieser feinen Melodie der Farben wird auch das kleine, unbekleidete Kind wie ein märchenhafter Elfe miteinbezogen. Diesen Ort brauchen wir nicht zu suchen, Schindler schafft kein Abbild einer authentischen Wirklichkeit, durch seine Hand verwandelt sich vielmehr ein Schwefelbacherl in ein kleines unschuldiges Arkadien. (MHH)