Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

16. Juni 2015, 18:00 Uhr

0409

Marc Chagall*

(Witebsk 1889 - 1985 Saint-Paul de Vence)

„Les Amoureux au Bouquet“
1978
Gouache, Tempera, Pastell und schwarze Kreide auf Papier
77,4 × 57,7 cm
Signaturstempel des Nachlasses rechts unten: Marc / Chagall

Provenienz

aus dem Nachlass des Künstlers; amerikanische Privatsammlung; Galerie Brockstedt, Hamburg; seit 1992 in österreichischer Privatsammlung

Ausstellung

Echtheitsbestätigung Comité Marc Chagall, Paris (Zertifikat liegt bei).

Schätzpreis: € 250.000 - 500.000
Ergebnis: € 391.500 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Die im Jahr 1978 entstandene Gouache vereint jene beiden Bildelemente, die in Marc Chagalls Oeuvre eine zentrale Rolle spielen, um das große Thema der romantischen Liebe ebenso einfach wie einprägsam malerisch zum Ausdruck zu bringen: Das Motiv des verliebten Paares und das prachtvolle Arrangement von Blumen.
Die üppige Blütenpracht dominiert zentral den Bildraum, während das Liebespaar in die linke untere Bildecke gerückt erscheint. Die Verbundenheit der Liebenden wird nicht nur durch die einander zugeneigten Körper, das sanfte Lächeln im Gesicht der Frau und ihren Blick, der ihrem Geliebten gilt, vermittelt, sondern vor allem auch auf symbolischer Ebene: durch die lebendige Fülle und die farbliche Strahlkraft der Blumen.
Mehr als je zuvor zeigt sich Marc Chagall in seinen späten Werken als Meister der Farbe. Mit großer Sensibilität und virtuoser Suggestivkraft versteht er es, Inhalte durch das Zusammenspiel von Farbwerten und koloristische Brillanz zu artikulieren.

Von Beginn an hatte Marc Chagall den Anspruch, fernab der kubistischen und expressionistischen Avantgarde seinen eigenen autonomen künstlerischen Weg zu finden. Er selbst sah sich als „Maler für die Menschen".
1887 in Russland als Moische Schagalow, geboren, ging er 1910 nach Paris und änderte seinen Namen auf Marc Chagall. Doch in der europäischen Kunstmetropole des frühen zwanzigsten Jahrhunderts ließ die Anerkennung für seine künstlerische Arbeit vorerst auf sich warten. Als Guillaume Apollinaire im Jahr 1913 für den Pariser Salon d'automne verantwortlich zeichnete, durfte Chagall erstmals ausstellen. Im Rahmen dieses Herbstsalons verkaufte er sein erstes Bild an einen deutschen Sammler. Kein geringerer als Guillaume Apollinaire stellte ihn auch Herwarth Walden vor, der zu einem wichtigen Förderer Chagalls wurde. 1920 hatte sich Marc Chagall als einer der wichtigsten Vertreter der modernen Avantgarde etabliert und eine derartige Popularität erlangt, dass er schon damals als Klassiker der modernen Kunst angesehen wurde.

Nach der Oktoberrevolution - Chagall war im Ersten Weltkrieg zum russischen Kriegsdienst verpflichtet - bekleidete er das Amt des Kunstkommissars und wurde Leiter einer Kunstschule. Doch 1922 genehmigte Lenin die Ausreise und Chagall konnte erneut in Paris Fuß fassen, unterstützt durch die Aufträge des Verlegers Ambroise Vollards. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden Chagalls Werke als "entartete Kunst" diffamiert. Er rettete sich und seine Familie vor der Verfolgung der Nazis, indem er in die USA emigrierte. 1945 kehrte er endgültig nach Frankreich zurück und lebte einige Jahre in Paris, bevor er 1950 an die Cote d’Azur übersiedelte. Seine zweite Ehefrau Valentine (Vava) Brodsky lernte er im Jahr 1952 kennen. Kurz darauf heirateten die beiden. Vava sollte Chagall bis an sein Lebensende begleiten und eine wichtige künstlerische Muse werden. Gemeinsam zogen sie nach St. Paul de Vence.
Inspiriert vom Licht des Südens schafft Marc Chagall im dortigen Atelier Bilder, die in ihrer koloristischen Leuchtkraft unübertroffen bleiben. Das Bild "Les Amoureux au Bouquet", das aus dem künstlerischen Nachlass von Marc Chagall stammt und sich mehr als zwanzig Jahre in einer österreichischen Privatsammlung befand, gehört zu den beeindruckend schönen Aquarellen der späten Schaffensjahre. (AKE)