Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

16. Juni 2015, 18:00 Uhr

0435

Otto Rudolf Schatz*

(Wien 1900 - 1961 Wien)

„Brooklyn Bridge“
1936/37
Öl auf Leinwand
70 × 99 cm
Monogrammiert rechts unten: ORS

Provenienz

österreichischer Privatbesitz

Das Gemälde wurde von Cornelia Cabuk für das Werkverzeichnis Otto Rudolf Schatz in der Reihe der Belvedere Werkverzeichnisse dokumentiert.

Schätzpreis: € 25.000 - 50.000
Auktion ist beendet.

Nach der Heirat mit Valerie Wittal, die aus einer vermögenden Familie stammt, ist es Otto Rudolf Schatz möglich, auch größere Reisen zu unternehmen. Zuvor hatte er sich zwar in Ausstellungen im Hagenbund und in Otto Kallir-Nirensteins Neuer Galerie einen Namen gemacht, der Verdienst blieb aber bescheiden. Im November 1936 besteigt das junge Ehepaar ein Schiff nach New York, wo es bis ins Frühjahr 1937 bleibt. In den auf dieser Reise entstandenen Bildern kehrt der Künstler nach den Jahren der Neuen Sachlichkeit zu einem expressionistischen Malstil zurück.

Das Bild der „Brooklyn Bridge“ zeigt das breite malerische Spektrum, dass das Werk Otto Rudolf Schatz’ auszeichnet. Dabei faszinieren ihn Wetterstimmungen, selten ist es breiter Sonnenschein, eher diffuse Licht, heranziehende Unwetter oder der hereinbrechende Abend, die seine Motive in ganz spezielle Beleuchtungsszenarien versetzen. Wir denken an Claude Monets Bilder der Waterloo-Bridge in London, die dieser in den unterschiedlichsten Stimmungen eingefangen hat, ein großes Vorbild, das ganze Generationen von Landschaftsmalern geprägt hat. Die imposanten Pfeiler der Brooklyn Bridge führen unseren Blick über den East River in die Tiefe des Bildes auf die Skyline von Manhattan zu. Im Vordergrund sind der Hafen und die Lagerhäuser der New York Dock Company zu sehen, deren Betrieb bis zum zweiten Weltkrieg florierte. Heute ist an dieser Stelle ein Freizeitpark. Die Brücke, eine der längsten Hängebrücken in den USA, ist eines der Wahrzeichen New Yorks und steht für technischen Fortschritt und zunehmende Mobilität. Otto Rudolf Schatz „präsentiert die Motive stets in Schrägsicht entweder von einem betont tiefen oder von einem hohen Betrachterstandpunkt aus. Einige der höchsten New Yorker Bauten jener Zeit – das Rockefeller Center, das Flatiron Building und die Türme der Brooklyn Bridge – gewinnen damit jene Dramatik, die ... wohl auch den Erwartungen des europäischen Publikums entspricht, dem derartige künstlerische Überhöhungen der modernen Megalopolis schon aus Fotoreportagen und Kinofilmen vertraut waren“ (Matthias Boeckl, Dietrich Kraft, Otto Rudolf Schatz. 1900 – 1961, Weitra 2010, S. 36). Dabei geht es nicht um das Abbilden der bloßen Vedute, sondern um das Freilegen und Sichtbarmachen innerer Kräfte und Energien, die die Stadt zum lebendigen Organismus werden lassen. Hierin ähneln Otto Rudolf Schatz’ Ansichten New Yorks den großen Städtebildern Oskar Kokoschkas, dem es auch um das Erfassen des „energetischen Wesens“ eines Ortes geht (Edwin Lachnit, Kein Gesicht. Bloß Dynamik, in: Ausstellungskatalog, Oskar Kokoschka. Exil und neue Heimat, Albertina, Wien 2008, S. 31). Die Stadt soll als dynamisches Gebilde wiedergegeben werden, das stetiger Veränderung unterworfen ist, fluktuiert, pulsiert. Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch das transitorische Moment einer flüchtigen Wetterstimmung. (Sophie Cieslar)