Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

16. Juni 2015, 18:00 Uhr

0464

Alexander Rothaug*

(Wien 1870 - 1946 Wien)

„Die Wunderquelle“
1910-20
Öl auf Leinwand
124 × 171 cm
Signiert rechts unten: Rothaug Alex

Provenienz

österreichischer Privatbesitz

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Ergebnis: € 72.550 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Der Symbolismus entdeckt die Welt des Mystischen und Rätselhaften für sich. Als Gegenströmung zum Realismus wenden sich die Künstler dieser Stilrichtung ab von der banalen Realität hin zu einem subjektiven Blick auf seelische Vorgänge und schaffen phantasievolle Welten. Dabei spielen visionäre Ansätze ebenso eine Rolle wie die Neuinterpretation der antiken Sagenwelt. Unterstützt wird die Aussagekraft durch eine suggestive Farb- und Formensprache. Der Einfluss der wichtigsten Vertreter dieser Richtung, Max Klinger, Franz von Stuck oder Arnold Böcklin, ist auch in Österreich ab 1900 erkennbar. Künstler wie Rudolf Jettmar, Alfred Kubin, Karl Mediz oder Alexander Rothaug und sein Bruder Leopold sind Vertreter dieser neuen Ästhetik. Die Kunst wird als Mittlerin zwischen der realen Welt und einer tieferen Wirklichkeit gesehen, die in der Malerei ihren Ausdruck finden soll. Die symbolistische Kunst weist Parallelen zum Jugendstil auf und kann malerisch als Bindeglied zwischen Impressionismus und Expressionismus verstanden werden.

Wie viele Werke Arnold Böcklins ist auch „Die Wunderquelle“ von Alexander Rothaug geprägt von einer morbiden, zugleich erotischen Atmosphäre. Auffallend auch die ausgeprägte Sinnlichkeit in der Wiedergabe der nackten Leiber, die auch auf eine Vorbildhaftigkeit von Tizian und Rubens deutet und einen Hang zum Theatralischen, Pathetischen aufweist. Bei der Wunderquelle handelt es sich wohl um den Fluss Lethe, den Fluss des Vergessens am Eingang zum Totenreich der griechischen Sagenwelt. Nur jenen, die danach in die elysischen Gefilde eingehen dürfen, um dort in ewiger Glückseligkeit zu leben, ist es gestattet, aus der magischen Quelle zu trinken, um sich vom irdischen Ballast zu befreien. Rechts im Hintergrund sieht man eine im Kontrast zum beschatteten Vordergrund hell erleuchtete Szenerie mit Frauen und spielenden Kindern (Putti), die den Weg ins Elysium weisen. Einer der Auserwählten blickt schon in Richtung Paradies, während zwei weitere Männer gierig trinken und eine hellhäutige Frauengestalt ergriffen, wie in Trance entrückt, nach oben blickt. Dahinter steht ein grimmiger Wächter mit rotem Umhang, sein Haupt von einer kreisrunden Form, wie einem Heiligenschein, hinterfangen. Er verwehrt mit einem Stab, um den sich eine Schlange ringelt, den Zugang zum wunderbaren Quellfluss. Im antiken Griechenland galt die Schlange als heilig und ihre Häutung wurde als Fähigkeit zu ständiger Erneuerung und Zeichen von Unsterblichkeit gedeutet. Verzweifelt versuchen die Verdammten an die Quelle zu gelangen, doch vergebens, die glückselige Unsterblichkeit ist ihnen verwehrt. (Sophie Cieslar)