Auktionshaus

Auktion: Jugendstil & Design

25. November 2014, 17:00 Uhr

0250

George Minne

(Gent 1866 - 1941 Laethem-St. Martin)

„Kniender Jüngling“
Entwurf: 1898
Marmor; am Sockel seitlich bezeichnet: "GMINNE"
H. 79 cm

Provenienz

ehemals Familie George Minnes; danach belgischer Privatbesitz

Literatur

vgl. Leo van Puyvelde, George Minne, Collection les Contemporains, Brüssel 1930, Pl. 24 und 25, cat. no. 26; vgl. Inga Rossi-Schrimpf, George Minne - Das Frühwerk und seine Rezeption in Deutschland und Österreich bis zum Ersten Weltkrieg, Weimar 2012, P 21, S. 376-377; vgl. Robert Hoozee/Musée des Beaux-Arts, L'univers de George Minne et Maurice Maeterlinck, Gent 2011, Cat. 102, S. 228

Schätzpreis: € 65.000 - 120.000
Ergebnis: € 96.000 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Ludwig Hevesi, der weit über Österreichs Grenzen bekannte Kunstkritiker – und bei den Grenzen Österreichs um die Jahrhundertwende bedeutete dies einen Gutteil von Europa –, brachte im Jahr 1900 den damaligen Zeitgeschmack auf den Punkt. Zur von der Künstlervereinigung Secession veranstalteten Ausstellung im Jahr 1900 schrieb er unter anderem: Den Vogel der Kuriosität schießt George Minne ab. Man sieht hier den runden Brunnen, der ihn vor einigen Jahren berühmt und berüchtigt gemacht hat. Das Auge Minnes gleicht jenen Vexierspiegeln, in denen die menschliche Gestalt lang und hager gezogen erscheint. In diesen Jammergestalten liegt eine Inbrunst und Geistigkeit, wie man sie erst wieder in unseren Tagen darzustellen weiß. Eine ausgedörrte Glut der Andacht, Theologie mit Osteologie gepaart.
Mit dem „berühmten und berüchtigten Brunnen“ hat Hevesi einen Brunnen gemeint, den George Minne für die im Jahr 1900 abgehaltene achte Secessionsausstellung entworfen hat, an dessen Rand fünf Jünglinge knieten. Diese adoleszenten Jünglinge Minnes wurden zum Inbegriff der modernen expressiven Skulptur. Die Nachfrage nach ihnen war groß, so etwa erwarben die prominenten Wiener Künstler Alfred Roller, Carl Moll und Josef Hoffmann jeweils Exemplare aus Gips, der Kunstsammler Ferdinand Bloch-Bauer eines aus Marmor.

Minne hat – entgegen anders lautenden Darstellungen einiger allzu wohlmeinender Kunsthistoriker – keine einzige dieser Skulpturen selbst geschaffen, er hat sie lediglich entworfen und vielleicht in dem einen oder anderen Fall ihre Ausführung überwacht. Abgüsse wurden mit seiner Genehmigung aus Gips und aus Bronze hergestellt, einige wenige Stücke wurden aus Marmor gemeißelt.
Unsere Skulptur ist eine dieser wenigen, die Minne aus Marmor herstellen hat lassen. Sie war laut mündlicher Überlieferung für seine Familie bestimmt und mehr als 30 Jahre deren Eigentum.