Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

26. November 2014, 15:00 Uhr

0455

Otto Muehl*

(Burgenland 1925 - 2013 Portugal)

„o.T. (Ziege wird von einem Mann gepeitscht und wirft dabei einen Tisch um)“
1984
Öl auf Leinwand
190 × 150 cm
Signiert und datiert rechts unten: Muehl 13.7.84

Provenienz

1996 direkt von der Friedrichshof Wohnungsgenossenschaft erworben; seither Privatsammlung, Wien

Schätzpreis: € 30.000 - 50.000
Ergebnis: € 36.960 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Ein All-Over an kontrastierenden Farbflecken verwirrt auf den ersten Blick. Erst wenn man die schwarzen Linien zusammenführt erkennt man die Erzählung des Bildes. Eine männliche Figur (Vincent) zerrt eine Ziege mit weiblichen Brüsten brutal an den Hörnern über den Tisch. Die Unmittelbarkeit des dargestellten Momentes und die Wucht dieser Handlung zeigt sich durch das umgekippte Glas dessen Inhalt vom Tisch hinunterrinnt. Der Heftigkeit des Moments entsprechend ist auch die ungezähmte Wildheit der Strichführung und Farbauswahl.
Diese mit 13.7.84 datierte Arbeit gehört zu Otto Mühls „Van Gogh Serie“ die parallel zum Spielfilm über das „(un)wirkliche InnenLeben des Vincent van Gogh“ von Mai bis August 1984 entstanden ist. In den wenige Tage davor gemalten Vincent Bildern (Otto Mühl, Sammlung Leopold, Ausstellungskatalog Wien 2010, S 164, Abb.128 und S 165 Abb.151) sitzt dieser noch in höchster sexueller Erregung einer verführerischen, mit allen Attributen der Weiblichkeit ausgestatteten Ziege, beim Kartenspiel gegenüber. Eine am 28.7. entstandene Kartenspielszene zeigt Vincent dann bereits als schmächtige in sich zusammengesunkene Existenz mit verbundenem Gesicht als Gegenüber der Pfeife rauchenden und Zähne zeigenden vollbusigen Ziege (ebenda S164, Abb.179). Zwischen lustvoll werbender Begierde und gelangweilter Selbstbefriedigung fügt sich diese Darstellung der brutalen Trieberfüllung in den Zyklus ein.
Mühl bezog sich mit Absicht auf Heroen wie Vincent van Gogh, um dessen fast mystische Vergötterung als Außenseiter der Gesellschaft und neurotischen Künstler aufzuzeigen. Durch scharfsinnige Interpretation, Reflexion und Zitation der überragenden Künstlerfigur und dessen Stilformen entstanden Paraphrasen, die eine sehr menschliche, triebgesteuerte Existenz sichtbar machen und der Malweise neue Bedeutung und Energie verleihen.
Das bildnerische Schaffen von Otto Mühl reicht von konzeptuell strukturierten Materialbildern über extrem gestische Ausdruckskunst bis hin zu einer flächigen grafischen Darstellungsweise. Immer ist es jedoch die Farbe, die das Bild beherrscht. In geradezu obsessiver Weise thematisierte Otto Muehl in seinen Bildern sexuelle Motive und Tabubrüche. (Christa Armann)