Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

18. April 2023, 15:00 Uhr

0011

Norbertine Bresslern-Roth*

(Graz 1891 - 1978 Graz)

„Tropische Fantasie“
1971
Öl auf Jute; gerahmt
82 x 100 cm
Signiert rechts unten: B. Roth
Rückseitig auf Etikett auf Keilrahmen eigenhändig bezeichnet: "Tropische Fantasie", Öl / N. v. Bresslern-Roth Graz

Provenienz

direkt von der Künstlerin erworben;
Privatbesitz, Steiermark

Literatur

Helene Martischnig, Norbertine Bresslern-Roth (1891-1978). Das malerische Werk, Dipl.-Arb., Graz 1994, Abb. 359;
Christa Steinle (Hg.), Norbertine Bresslern-Roth. Tiermalerin, Ausstellungskatalog Neue Galerie Graz Universalmuseum Joanneum, 26.10.2016-17.04.2017, Graz 2016, WV-Nr. 435, s/w-Abb.

Schätzpreis: € 80.000 - 160.000

Wie in einem surreal erscheinenden Traum schreitet, mit sanftem Schritt, ein ungewöhnliches Tier aus dem Herzen eines undurchdringlichen Dschungels. Es ist ein Tapir mit einer rüsselartig geschwungenen Nase, Hufen und sanften, braunen Augen. Der Rest des Körpers verbirgt sich im Unterholz. Das monochrome Schwarz seines Fells findet seinen Gegensatz in dem Bunt zahlreicher Blätter, die den Großteil des Bildraumes einnehmen. In zarten Pastelltönen changiert jede einzelne Pflanze die gesamte Farbskala von Türkis über Grün, Orange und Gelb.

Die Grazer Tiermalerin Bresslern-Roth (1891-1978) lehnt die Abstraktion ihr Leben lang ab. Hingegen ist die Reduktion der Formen und deren rhythmische Wiederholung immanentes Stilmittel der Künstlerin. So wiederholt sich der gleiche Schwung sowohl im Rüssel des Tapirs als auch in den Blättern und den kleinen Schmetterlingen, die vor der Farbenpracht und der Fülle der Pflanzen fast unsichtbar werden. Ebenso ähnlich in ihrer Erscheinung sind sich eine Schlange, eine Liane und eine Baumwurzel. In aller Heimlichkeit beobachtet ein scheuer Primat – vielleicht ein Galagos oder ein Koboldmaki – mit großen, runden Augen die Szene von einem hoch gelegenen Versteck aus. Das Dickicht ist so undurchdringlich, dass sich die Komposition lediglich auf den Vordergrund beschränkt und auf eine Illusion des Raumes weitgehend verzichtet wird.

Den markanten Malstil entwickelt die Künstlerin in den 1920er-Jahren. Dazu bringt sie die Ölfarben tupfend auf die vorgrundierte Jute auf. Das Zusammenspiel der pastellenen Farben und dem offenporigen Malgrund erzielt jene luftig-flirrende Wirkung, die so charakteristisch für Bresslern-Roth ist und die Wiedererkennung ihrer Gemälde evoziert. In einem Interview mit Trude Aldrian (ehemalige Leiterin der Neuen Galerie Graz) von 1961 erklärte Bresslern-Roth, warum sie allen voran helle, bunte Farben für ihre Gemälde einsetzt: „Es ist der Zweck eines Bildes in einer Wohnung zu hängen im Allgemeinen, nicht wahr? Und die Wohnungen sind dunkel und die Bilder machen schwarze Löcher in die Mauern und das möchte ich nicht haben.“
(Petra Hammer-Maier)