
Originalzeichnung Günter Brus, entstanden in Bad Waltersdorf
Auktion 9. April ab 14 Uhr
Günter Brus "Spontanzeichnungen"
Besichtigung ab 31. März
Mo-Fr 10-18 Uhr
Sa 10-17 Uhr
Vernissage 1. April ab 19 Uhr
Prof. Dr. Klaus Albrecht Schröder spricht zu Günter Brus – „Spontanzeichnungen
Meine Begegnung mit Günter Brus...
...verdanke ich „Mein Leben“, der Autobiografie von Marcel Reich-Ranicki. Der Zufall wollte es, dass ich eine berufliche Veränderung und Günter Brus eine überstandene Operation in einem Wellnesshotel in Bad Waltersdorf mit derselben Lektüre überwinden wollten. Ich saß eines Abends im Barbereich dieses Hotels mit dem Buch in meiner Hand und wurde von einem Herrn schräg gegenüber sehr freundlich mit den Worten angesprochen: „Na, wie ich sehe, sind Sie schon viel weiter als ich...“ Später nannte er diese Kontaktaufnahme in einer wunderschönen Niederschrift: „Annoncenfreie Begegnung“.
Das war Ende 1999 – und der Beginn meiner außergewöhnlichen Freundschaft mit Günter Brus.
Vor diesem persönlichen Kontakt war mir Günter lediglich durch seine Teilnahme an der „Uni-Ferkelei“ ein Begriff. Von seinen Zeichnungen, Bilddichtungen, seinen Schriften und vor allen Dingen von seinem Leben wusste ich nicht viel. Das sollte sich rasch ändern.
In Bad Waltersdorf merkte man Günter seine Rekonvaleszenz nicht an. Wir haben uns Fahrräder gemietet und sind damit bergauf und bergab durch die oststeirische Hügellandschaft geradelt und hatten riesigen Spaß. Es war eine sehr ausgelassene Zeit, fast wie eine Jugend, die wiederkehrt. In Bad Waltersdorf (er nannte es fortan dann nur mehr „Bad Waldi“) hat er für mich auch die ersten Spontanzeichnungen angefertigt. Tagtäglich und Abend für Abend. Diese Stunden waren sehr bereichernd, auch was den Bierkonsum betraf. Ich glaube, Günter und ich haben in Bad Waldi die Hälfte einer Brauerei vernichtet... Sein Einfallsreichtum hat mich fasziniert, wie auch die Radikalität seines Umgangs mit einem Blatt Papier – kaum war ich für eine Minute abwesend, waren nach meiner Rückkehr zu meinem „Stammplatz“ schon wieder zig Zeichnungen auf dem Barhocker. Er zeichnete unter Hochdruck und kein Mensch dieser Welt hätte ihn abhalten können.
In „Bad Waldi“ habe ich Günter dazu ermutigt, seine Lebenserinnerungen literarisch festzuhalten. Das war die Geburtsstunde von „Die gute alte Zeit“. Ein großartiges Werk (erschienen 2002), dem noch das „Gute alte Wien“ und „Das gute alte West-Berlin“ folgen sollten.
Zurück in Wien bzw. Graz begann ein reger Austausch von Schriften für „Die gute alte Zeit“. Monatelang schickte mir Günter seine handgeschriebenen Texte per Post. Ich tippte sie ab und übergab ihm dann die Fragmente entweder in Graz oder in Wien. Diese Übergaben waren geprägt von seiner Leidenschaft für zeichnerische Momentaufnahmen, der Fortsetzung der Spontanzeichnungen aus der Bad Waltersdorf-Zeit. Günter war jedes Mal in unglaublicher Schaffenslaune und selbst zu später Stunde fehlte ihm nie das Wort; ein Stift und einige Blätter Papier waren auch immer griffbereit. Die so entstanden Zeichnungen (über 800 Blätter) zeugen von seiner unglaublichen Energie leid- oder lustvollen Ursprungs und sind manchmal von fast schmerzhafter Intensität.
Ich kann diese Blätter weder chronologisch noch inhaltlich exakt datieren. Der Großteil ist von Ende 1999 bis ca. 2004 in Graz, Bad Waltersdorf oder Wien entstanden.
Während dieser Zeit und auch in den Jahren danach habe ich von Günter sehr viele Schriften erhalten. Worauf ich besonders stolz bin ist unser sehr persönlicher Briefverkehr, den wir die letzten 24 Jahre regelmäßig pflegten. Den letzten Brief von Günter habe ich im Dezember 2023 erhalten, zwei Monate vor seinem Tod, mit den Worten: „Ich muß aufhören, das Muskelwerk setzt seine Grenzen“.
Dagmar Just
Eine gestempelte Expertise liegt bei Kauf bei.
Bei Wunsch des Käufers werden auch Zeichnungen mit einem Sammlungsstempel versehen.