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Interview Sabine Hofer

09.12.2020 / Antiquitäten

Interview Sabine Hofer

Ein großartiges Highlight aus der Sparte Antiquitäten ist die Turmmonstranz aus vergoldetem Silber des belgischen Ateliers Bourdon aus 1892. Expertin Sabine Hofer erklärt, was es dabei Besonderes zu entdecken gibt.

Was war ihr erster Eindruck, als Sie die Monstranz entdeckt haben?

Sie kam in einer alten original erhaltenen und unscheinbaren Kassette. Diese Kassette aufzumachen, und dann liegt dieses wunderschöne Objekt drinnen – das war wirklich eine tolle Überraschung.

Kommen solche Monstranzen nicht oft zur Auktion?

Nein – und schon gar nicht in einem so großartigen Zustand! Sie ist fantastisch erhalten, und hat kaum Gebrauchsspuren. Wie Schmuck, den man nur im Safe hat, wurde die Monstranz wohl nur in der Kassette aufbewahrt. Alle Fialen (Türmchen) sind erhalten, es gibt keine beschädigten Stellen. Normalerweise würde ein Steinchen runterbrechen oder eine kleine Figur fehlen, oder es wären Kratzer, aber man sieht hier nichts.  Das ist sehr, sehr selten.

Interview Sabine Hofer

Wie kam sie nun zur Auktion?

Der Sammler, zu dem wir in unserem Haus eine langjährige Beziehung pflegen und der sie nun zur Auktion bringt, besitzt die Monstranz schon lange, wollte sich aber nicht davon trennen. Auch er hat sie stets in der Kassette aufbewahrt. 

Was weiß man von ihrer Herkunft?

Sie stammt aus dem Atelier Bourdon, dem berühmtesten belgischen Silberschmiedeatelier des 19. und 20. Jahrhunderts. Es war weit über die Landesgrenzen bekannt für sein Kunsthandwerk, das stets in der höchsten Qualität ausgeführt wurde. Bereits in der Entstehungszeit der jeweiligen Objekte waren sich die Auftraggeber – oftmals Adel und Klerus – bewusst, dass dort Kunst von Rang geschaffen wurde. Edouard Bourdon übernahm die Werkstatt von seinem Vater und führte mehrere Arbeiten mit Leon Bressers aus, der die Entwürfe gestaltete. Zu „unserer“ Monstranz haben wir auch die originale maßstabgerechte Entwurfszeichnung in den Archiven gefunden.

Interview Sabine Hofer

Wer könnte so eine Monstranz in Auftrage gegeben haben?

Ganz genau wissen wir es nicht, aber durch die drei Heiligenfiguren könnte man auf ein Benediktinerkloster schließen, oder es wurde einem solchen Kloster von einem Gönner geschenkt.  Fest steht, dass es ein wohlhabender Auftraggeber gewesen sein muss. Materialien wie Silber, Email, Kristall und Edelsteine von einem namhaften Atelier bearbeiten zu lassen, dazu gehörte schon ein gewisses Vermögen und Kunstverständnis.

Wozu wurde diese Monstranz verwendet?

Sie galt wahrscheinlich als Prestigeobjekt für eine Schatzkammer. Den Glaszylinder in der Mitte kann man öffnen, darin ist eine üblich halbmondförmige Hostienhalterung, in der die Hostie fixiert wird.

So eine Monstranz wird in der römisch-katholischen Kirche bei Sakramentsprozessionen, wie Fronleichnam, bei der eucharistischen Segensandacht verwendet. Der Priester hält sie während der Segnung und eucharistischen Anbetung mit verhüllten Händen hoch, damit sie von den Anwesenden gesehen werden kann.