Auktionshaus

Auktion: Moderne Kunst

17. Juni 2025, 14:00 Uhr

2020

Rudolf Wacker

(Bregenz 1893 - 1939 Bregenz)

„Stillleben mit zwei nackten Puppen (Schachteln, Ball, Bausteine)“
1926
Öl auf Sperrholz; gerahmt
32 x 27 cm
Signiert und datiert links oben: R. Wacker 26
Rückseitig eigenhändig bezeichnet: B27 H32 cm / Rudolf Wacker / Bregenz 1926 / "Stilleben mit 2 nackten / Puppen"

Provenienz

Privatsammlung, Schweiz, direkt vom Künstler erworben, seither in Familienbesitz

Ausstellung

1926 Innsbruck, Secession;
1993 Bregenz, Kunsthaus Bregenz, Nr. 124

Literatur

Max Haller, Rudolf Wacker 1893-1939. Biografie mit dem Oeuvre-Katalog des malerischen Werkes, Lustenau 1971, WV-Nr. 35 (mit s/w Abb.);
Kunsthaus Bregenz u. a. (Hg.), mit Beiträgen von Rudolf Sagmeister (u. a.), Rudolf Wacker und Zeitgenossen. Expressionismus und Neue Sachlichkeit, Ausstellungskatalog, Bregenzer Kunstverein, Kunsthaus Bregenz, Bregenz 1993, Nr. 124, Abb. S. 121

Wir danken Dr. Jürgen Thaler, Franz-Michael-Felder-Archiv der Vorarlberger Landesbibliothek, für die wertvollen Hinweise und die freundliche Unterstützung bei der Katalogisierung.

Schätzpreis: € 50.000 - 100.000
erzielter Preis: € 91.000 (inkl. Gebühren und österreichischer MwSt.)
Auktion ist beendet.

Bei dem 1926 datierten "Stillleben mit zwei nackten Puppen (Schachteln, Ball, Bausteine)" handelt es sich um das erste auf Holz gemalte Bild Rudolf Wackers. Das Stillleben wurde zu Lebzeiten des Künstlers einmal ausgestellt und zwar 1926 in der Innsbrucker Secession. Ein Schweizer Freund und Förderer Rudolf Wackers erwarb das Bild wenig später. Seit damals befand sich das Stillleben in einer Privatsammlung in der Schweiz.

In seinem Atelier errichtete Wacker seine eigene Welt der Dinge. Er häufte eine Fülle von Gegenständen an, die seine künstlerische Fantasie anregten. Dazu gehörten Puppen und anderes Spielzeug, Streichholzschachteln, Kerzen, alte Krüge und Vasen, Spielkarten, Heiligenfiguren, Bücher, Zeitschriften, Kinderzeichnungen seines Sohnes, Kakteenarten, Mineralien und vieles mehr. Diese bunte Sammlung aus Erinnerungsstücken, Kuriositäten, alten Kunstgegenständen und Topfpflanzen bedeutete für ihn eine Quelle der Inspiration. Für seine Stillleben fand er hier ein vielfältiges Motivrepertoire, aus dem er schöpfen konnte.

Zu den Hauptmotiven in Rudolf Wackers Oeuvre zählen Puppen. "Ich liebe sie so, weil sie so lebendig sind und wie Symbole sind! Sie scheinen, in eine Komposition gebracht, Beziehungen zueinander zu haben. Sie unterhalten sich miteinander, sie agieren gemeinsam um ein Gemeinsam Empfundenes. Andererseits aber ist dies alles Schwindel, - eine bloß äußere Gebärde. Sie bleiben bei genauerem Zusehen beziehungslos, jede bleibt in sich selbst verschlossen, ist im Grunde nur mit sich beschäftigt (...). So sind diese Puppen ein Gleichnis. - Im Alltag sind die Menschen so, - sie schneiden doch nur Grimassen! Und in seiner Tiefe, wie oft fühlen wir das Leben so! Alles bleibt im Letzten Gebärde, Gleichnis und Sehnsucht." (Rudolf Wacker, Tagebuch, Ende September 1923, vgl. Rudolf Sagmeister, Rudolf Wacker. Tagebücher 1913-1939, Bd. 2, Vaduz 1990, S. 416)

Wie Wacker sahen auch andere Künstler der Zwischenkriegszeit in der Puppe eine zentrale Identifikationsfigur des Menschen der Moderne, der bloß noch Marionette ist. Die Puppe wurde zur Chiffre für die Verdinglichung und Entfremdung der modernen Existenz, wie der Dadaist Raoul Hausmann erklärt: "Wenn wir mit der alten Welt gebrochen haben und die neue noch nicht formen können, tritt die Satire, die Groteske, die Karikatur, der Clown, die Puppe auf, und es ist der tiefe Sinn dieser Ausdrucksformen, durch das Aufzeigen der Marionettenhaftigkeit, der Mechanisierung des Lebens, durch die scheinbare und wirkliche Erstarrung uns ein anderes Leben erraten und erfühlen zu lassen." (vgl. Sagmeister 1993, S. 266)
(Claudia Mörth-Gasser)