Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

26. November 2013, 17:00 Uhr

0566

Josef Floch*

(Wien 1894 - 1977 New York)

„Schrebergarten in Wien“
1918
Öl auf Leinwand
90 × 70 cm
Signiert rechts unten: Floch J.

Provenienz

Prof. Dr. Rudolf Leopold, Wien; Privatbesitz, Österreich

Literatur

Karl Pallauf, Josef Floch. Leben und Werk 1894-1977, Wien 2000, WV-Nr. 28, sw-Abb. S. 107

Schätzpreis: € 20.000 - 40.000
Ergebnis: € 42.240 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Von 1913 bis 1918 studierte Josef Floch an der Wiener Akademie bei Rudolf Bacher und Franz Rumpler. Beides waren eher aufgeschlossene Lehrer. Bacher, selbst Gründungsmitglied und zeitweise Präsident der Secession, war zeitgenössischen Strömungen gegenüber keineswegs abgeneigt, Rumpler hatte sich als Genremaler und Leiter der Klasse für Historienmalerei wohl intensiv mit der französischen Kunst des ausgehenden 19. Jahrhunderts auseinandergesetzt und dieses Wissen an seine Schüler weitergegeben. Wien war im Jahre 1918, dem letzten des ersten Weltkrieges, von Hungersnot geprägt. Die Stadt war zwar nicht Kriegsschauplatz, doch es mangelte an allem, vor allem an Nahrung und Kleidung.

Wohl im Frühjahr 1918 ist das Bild „Schrebergarten in Wien“ entstanden, das die notleidenden Wiener beim Gemüseanbau mitten in der Stadt zeigt. Die erste Assoziation, die sich beim Betrachten des Bildes aufdrängt, ist jene mit den berühmten „Ährenleserinnen“ von Jean-François Millet. Der Franzose hat mit den sich nach dem Korn bückenden Frauen ein Sinnbild für den hart arbeitenden Bauern geschaffen, ein Bild, das einprägsamer nicht sein kann. Millet war als Vertreter der Écôle de Barbizon und Wegbereiter des Impressionismus sicherlich auch dem österreichischen Künstler bekannt. Aber man denkt auch an die zahlreichen Versionen des Sämanns von Vincent van Gogh, dessen Bilder Josef Floch 1918 bei einem Besuch in München in der Pinakothek bewundern konnte. Der Niederländer hatte als Wegbereiter des Expressionismus großen Einfluss auf die Malerei des beginnenden 20. Jahrhunderts. Der Nährboden für Maler wie Oskar Kokoschka und Richard Gerstl war bereitet. Im „Schrebergarten in Wien“ verarbeitet Josef Floch auch diesen in Wien aufkeimenden Farbexpressionismus. Das Thema der Isolation und Einsamkeit des Menschen, das in späteren Werken immer wiederkehrt, nimmt er in diesem frühen Bild bereits vorweg. Die drei im Bild dargestellte Figuren sind jede für sich auf ihre Arbeit konzentriert, blicken einander nicht an und zeigen keinerlei Verbindung miteinander. Der stehende Mann mit der Schaufel ist überhaupt in sich versunken, er hat den Blick zu Boden gewandt, hat resigniert innegehalten, zu schwer scheint das Schicksal auf ihm zu lasten. Im Hintergrund sieht man die grauen Silhouetten der vom Krieg gequälten Stadt. Ein brauner Bretterzaun trennt die Häuser vom Garten, dahinter ragen kahle Bäume wie Brandruinen in die Höhe. Die fruchtbare Erde, die den Hungernden Hoffnung verschafft, hat Floch hingegen mit bunten Farbstrichen aufgelockert, da sehen wir ein zartes Gelb, ein hoffnungsfrohes Violett, ein Rot, ein Orange und ein Blau, Farben die neu erwachendes Leben verheißen und einen Kontrapunkt zur melancholischen Stimmung des Bildes setzen. Auch das Sonnenlicht, das die Erde zu wärmen beginnt und Voraussetzung für das Wachsen der ausgesäten Keime ist, setzt hoffnungsvolle Akzente. Es taucht den Rücken der hockenden Frau in der Bildmitte in ein leuchtendes Orange, wärmt die Menschen und kündet somit von einer besseren Zukunft. (Sophie Cieslar)