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Tapisserie "Colombina und Dottore"
Königliche Manufaktur in Beauvais/Frankreich, um 1725
Wolle und Seide; Darstellung der Colombina mit dem Dottore aus der italienischen Komödie (commedia dell´arte); Komposition von Jean Bérain d. Ä. (1640-1711), nach einem Karton von Claude Gillot (1673-1722); das Bildfeld wird durch zarte Säulen mit Blumenranken unterteilt, der farblich zart gehaltene Hintergrund gibt einen Ausblick in eine Landschaft mit Vögeln im Himmel frei; in der Mitte stehen die Protagonisten Colombina und Dottore auf einem hohen, bühnenähnlichem Podest mit Marmorrelief, links und rechts sowie im Hintergrund weitere Personen, in den beiden Seitenfeldern stehen am unteren Bildrand zwei wappenförmig gerahmte Marmorreliefs mit antikisierenden Darstellungen, durch verschiedene Vögel und Pflanzen belebt, in der oberen Bildhälfte sitzen ein musizierender Affe und Vögel auf schön drapierten Tüchern; die Komposition wird oben durch Schabraken mit ornamentalen und figuralen Darstellungen geschlossen, mittig das von zwei Löwen flankierte, gekrönte Allianzwappen der Bonnier de La Mosson und Melon; rechts unten Websignatur: "Duchaine J. et P."; guter, restaurierter Erhaltungszustand;
352 x 331 cm

Provenienz: Joseph Bonnier Baron de La Mosson (1676-1726), in Familienbesitz bis 1744; Ernest Cronier (1840-1905) bis 1905; Don Alberto Elzaburo, Palacio de las Cortés, Madrid; Tajan Paris, Auktion 9515, Kat.Nr. 159B; italienischer Privatbesitz
Literatur: Heinrich Göbel, Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal, Leibzig, 1928, Vol. II, fig. 300 (weitere Tapisserie aus der Serie der italienischen Komödie, ehem. Sammlung E. Cronier)
Jean Coural/Chantal Gastinel-Coural, Beauvais. Manufacture Nationale de Tapisserie, Paris 1992, S. 31-33
Ausführlicher Restaurierbericht der Fundación de Gremios liegt bei.

Die prachtvolle Tapisserie zeigt die zwei Akteure aus der Commedia dell´arte, "Colombina" und "Dottore", auf der Bühne stehend. Während Colombina von einem sehnsuchstvollen Verehrer ein Brief in die Hand gesteckt wird, zeigt ihm der Dottore eine lange Nase. Colombina (verkleinerte Form von colomba, Taube) ist bekannt für ihre lebenslustige, unkonventionelle Art, die oft von liebeshungrigen Männern umgeben ist. Der Dottore ist im Gegenstatz zur Colombina mit einer für seine Person typischen Halbmaske dargestellt. Charakteristisch für den Dottore sind auch das schwarze Gewand und die weiße Halskrause. Er verkörpert in der Commedia dell´arte den besserwissenden, geschwätzigen Komiker, der allerlei Wissen miteinander vermischt und auf amüsante Weise wiedergibt.

Joseph Bonnier de la Mosson (1676-1726) von Languedoc gelangte als "trésorier de la Bourse des Etats de Languedoc" durch das Eintreiben von Steuern aus der Region in relativ kurzer Zeit zu großem Vermögen. Dies ermöglichte ihm die Errichtung und großzügige Ausstattung des Chateau de la Mosson in Montpellier, das er im Jahr 1723 zu bauen begann. Die Fertigstellung des prachtvollen Schlosses mit herrlichem Park erlebt Joseph Bonnier nicht mehr, da das Bauvorhaben erst nach seinem Tod 1729 durch seinen Sohn vollendet wurde. Es ist anzunehmen, dass diese und weitere 5 Szenen aus der Commedia dell´Arte für den luxuriöse Familiensitz in der Manufaktur Beauvais in Auftrag gegeben wurden. (RH)