Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

26. Januar 2016, 18:00 Uhr

0418

Arnulf Rainer*

(Baden 1929)

„Wein-Kreuz Entwurf“
1955-57
Öl/Tempera auf Leinwand (Leinwandrollo) mit Originalrahmen
61 × 34 cm
Signiert und datiert rechts unten am Rahmen: Rainer 56
Rückseitig signiert: A. Rainer

Provenienz

Sammlung Heinz Stangl; seit 1992 Privatsammlung, Wien

Schätzpreis: € 20.000 - 40.000
Ergebnis: € 26.400 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Der Zeitraum zwischen 1955 und 1960 kann als Rainers katholische Periode bezeichnet werden. Kreuze und monochrome Übermalungen dominieren sein Werk und werden durch die Interpretationen von Otto Mauer, Domprediger in St. Stephan und Gründer der Galerie nächst St. Stephan, gleichsam in den Modus des Sakralen gehoben.
„Rainer schafft Vorhänge, die sich allmählich aus Hunderten von Strich- und Pinsellagen bilden, schwarze und farbige Vorhänge, die das überdecken, was unaussagbar ist… Er strebt der Gewissheit zu, dass die Vorhänge, hinter denen wir unsere Hoffnung verbergen, nicht Nichts bedecken, sondern das Eigentliche, das zu jeder Zeit noch aussteht.“ (Zitat Otto Mauer in: Otto Breicha, Arnulf Rainer. Hirndrang. Selbstkommentare und andere Texte, Salzburg 1980, S 58.)
Die vorliegende Arbeit ist ein Materialexperiment für das „Weinkruzifix“. Die Urfassung des berühmten Kreuzbildes entstand 1957 als Auftragsarbeit für einen Kapellenraum der Katholischen Hochschulgemeinde in Graz. 1965 wurde es verkauft und tauchte nach Umwegen über Privatsammlungen 1972 bei der Galerie Klewan in München wieder auf. Dort erwarb es Arnulf Rainer und überarbeitete es 1972 und 1978 zur jetzt endgültigen Fassung. Nach insgesamt achtmaligem Besitzerwechsel und diesen zwei Überarbeitungen befindet es sich nun seit 1983 im Besitz der Tate Gallery in London.
Nach informellen Gestaltungen und konstruktiven Proportionsstudien begann Rainer ab 1954 mit kontemplativen Übermalungen. In einem langsamen meditativen Malprozess entstandenen Arbeiten aus vielen Schichten in unterschiedlichsten Techniken und Farbtönen.
Der von Otto Mauer vermittelte Auftrag für einen sakralen Raum stellte besondere Anforderungen an das Werk. Als Altarbild sollte es frei und ohne Rahmen über einem großen plan hängenden Vorhang angebracht sein um ein Fenster zu verdecken; und es sollte in seiner Dichte immer noch unterschiedliche Lichtverhältnisse zulassen. Rainer entschied sich, wie die vorliegende Materialstudie zeigt, für ein dünnes hellbeiges Leinen und Stofffarben. Rot und Schwarz sind auch die Farben für das „Weinkreuz“. In diesem Entwurf setzte Rainer die beiden Farben in Kontrast zueinander ging aber nicht auf die Kreuzform seines späteren Altarbildes ein. Durch den feinen Stoff und die aufgrund der Montage sichtbare Rückseite zeigt sich die Farbvielfalt und Gestik der einzelnen Arbeitsschritte. Auch für einige seiner frühen Übermalungen verwendete er dieses Material. Im Gegensatz zu einer groben Leinwand oder Holz lässt das dünne und weiche Leinen die Übermalungen transparenter und filigraner erscheinen.
Diese von Arnulf Rainer als „Materialversuch“ bezeichnete Arbeit ist eine eigenständige Übermalung ganz im Sinne seiner malerischen und kreativen Intentionen in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre. Durch die Durchführung der rückseitig angebrachten Waschanleitung zeigt sich jetzt eine außergewöhnliche Transparenz. Ein feines Netz von Arbeits- und Gebrauchsspuren ist sichtbar gemacht und vermittelt eine geheimnisvolle Aura.
(Christa Armann).