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Alfred Hrdlicka*
(Wien 1928 - 2009 Wien)
„Marsyas II - Kopf“
Bronze
H. 72 cm
Signiert und nummeriert hinten: A. Hrdlicka 2/3
Guss A. Zöttl
Auflage: 3 Stück
Provenienz
Sammlung Sanziany & Palais Rasumofsky
Literatur
Michael Lewin, Alfred Hrdlicka - Das Gesamtwerk Bildhauerei. Wien - Zürich 1987, Abb. S. 122.
Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Meistbot: € 15.000
Auktion ist beendet.
Zeit seines Lebens war die Gewalt unserer Zeit und die schicksalhafte Unzulänglichkeit des Menschen das bestimmende Thema im Werk Alfred Hrdlickas. Dabei erscheint ihm von jeher ein schonungsloser Realismus als das adäquate Ausdrucksmittel. Aus der Wotruba-Klasse an der Akademie der Bildenden Künste in Wien kommend und umgeben von den Verfechtern des Abstrakten, kämpft er für eine gegenstandsbezogene Kunst.
Um die „Folgen der Gewalt am Leibe der Opfer zu gestalten“ greift Hrdlicka zuweilen „überzeitliche, prototypische Gestalten des Mythos oder der Historie auf… Ein solches überzeitliche Exempel ist ihm die mythische Figur des Marsyas“ (Sylvia C. Weber (Hg,), Alfred Hrdlicka, Bildhauer. Maler. Zeichner, Ausstellungskatalog, Kunsthalle Würth, Schwäbisch Hall 2008, S. 25), mit der er sich in drei Fassungen und mehreren Versionen in Stein und Bronze beginnend mit den frühen 1960er Jahren auseinandersetzt. „Wenn es eine Figur gibt, in der sich der Leitsatz meiner bildhauerischen Tätigkeit manifestiert ‚Alle Macht in der Kunst geht vom Fleische aus‘, so ist es Marsyas. Das geschundene Fleisch als Verkörperung ideologischer Auseinandersetzungen… Das, was Apollo Marsyas angetan hat, habe ich meinen Skulpturen angetan, sie geschunden, gehäutet, zu Tode gearbeitet.“ (Weber, S. 30).
Dabei steht der Satyr Marsyas auch als Inbegriff für die Auflehnung gegen jegliche Autorität. Er wird bestraft für seine Anmaßung den Gott Apollo zu einem musikalischen Wettstreit herausgefordert zu haben. Diese Hybris wird mit dem Aufhängen und der Häutung bei lebendigem Leib bestraft.
Die Büste des Marsyas in Bronze geht auf die ganzfigurige Steinskulptur „Marsyas II“ von 1963/1965 zurück, die sich im Besitz der Staatsgalerie Stuttgart befindet. Wir sehen den Kopf des sterbenden Satyrs mit schicksalergebenem Ausdruck, die Augen geschlossen, den Mund leicht geöffnet. Darunter die grobe Struktur des hautlosen, rohen Fleisches. Die große Version in Untersberger Marmor war auf der Biennale in Venedig 1964 zu sehen. Gemeinsam mit Herbert Boeckl bespielt Alfred Hrdlicka in diesem Jahr den österreichischen Pavillon. Ursprünglich hatte die Skulptur, die mit dem Kopf nach unten hängend konzipiert ist, seitlich neben dem Kopf die Arme, die der Künstler aber später abschlug, um den Ausdruck zu intensivieren. Die etwas später entstandene Bronzeskulptur bildet gleichsam das Konzentrat. Die mythologische Figur steht als Symbol jeglicher, auch der politischen Freiheit, so ist auch die Bronze „Marsyas I“ Teil des Mahnmals gegen Krieg und Faschismus am Wiener Albertinaplatz.
(Sophie Cieslar)