Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

09. Dezember 2022, 15:00 Uhr

2211

Hans Staudacher*

(St. Urban 1923 - 2021 Wien)

„Zeichen“
1989/90
Öl auf Leinwand; gerahmt
169,5 x 200 cm
Rückseitig bezeichnet, signiert und datiert: "Zeichen", H. Staudacher 1989/90

Provenienz

Privatbesitz, Niederösterreich

Schätzpreis: € 30.000 - 60.000
Ergebnis: € 50.160 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Die titelgebenden, mit einem kraftvollen Pinselduktus gemalten gestischen Zeichen flirren und tanzen förmlich über die Bildfläche und entwickeln eine ungeheure Dynamik, die den Gesamteindruck des Bildes bestimmt. Die schwungvollen Linien formen sich zu Herzen und Kringeln, verlaufen als kräftige Geraden und fügen sich an drei Stellen des Bildes zu größeren Kreis- und Dreieckselementen, die die Schwerpunkte der Komposition bilden. Zusammen mit Flecken und Strichen und dem am unteren Bildrand platzierten Text folgen sie einem Rhythmus, in dem ein Zeichen das Nächste ergibt und sich die Formen gegenseitig in Schwingung versetzen. Die kompositorischen Verflechtungen und der Bewegungsfluss lassen deutlich den vom Rhythmus der Hand und der Bewegung des Körpers bestimmten Malprozess spürbar werden. Darüber hinaus entfaltet sich eine Sogwirkung, die den Betrachter erfasst und ins Bild führt.

Mit kräftigem Rot und Orange sowie massivem Schwarz setzt sich dieses Linien- und Fleckengefüge kontrastierend vom Hintergrund ab. Dessen flächig und lasierend gemaltes Blau und die offene Malweise mit den vielen freigelassenen weißen Bereichen vermitteln Leichtigkeit und Weite und suggerieren eine Öffnung auf Dahinterliegendes. Zarte Farbspritzer und –punkte sowie der fließende Eindruck der zerronnenen Farbe verstärken den transparenten und luftigen Charakter des Bildgrundes. Der Kraft und Vehemenz des Vordergrundes werden somit nuancierte und verhaltenere Akzente gegenübergestellt.

Das vorliegende Bild ist ein besonders charakteristisches Beispiel für Staudachers unverwechselbare, von Rhythmus und Motorik geprägte Bildsprache. Die Gestik sowie die abstrakte Begrifflichkeit seiner Bilder orientieren sich stets an den Erfahrungen in der Wirklichkeit. Bei dieser malerischen Umsetzung von Eindrücken und Empfindungen sind Spontaneität, Improvisation und Schnelligkeit bestimmende Faktoren. Das Ergebnis ist jedoch immer das Resultat einer bildnerischen Gestaltung, an der Emotion und Intellekt gleichermaßen Anteil haben. So ist es ein besonderes Kennzeichen von Staudachers Malerei, dass der impulsiv-kraftvolle Pinselduktus seiner gestischen Aktion mit lyrisch-zarten Elementen in Beziehung gebracht wird. Der Künstler hat diesen Prozess so beschrieben: „Ich bin ein getriebener, spontaner Mensch, ich arbeite wie ein Fechter fechtet. Hieb und Stich und Stoß, sehr aggressiv auf der einen Seite, auf der anderen der Versuch, daraus etwas Poesie zu machen.“ (Hans Staudacher, zitiert in: Ernst Hilger (Hg.): Hans Staudacher. Die Kraft der 50er Wien Paris, Wien 1997, S. 106)

(Birgitta Kager)