Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

09. Dezember 2022, 15:00 Uhr

2224

Hans Bischoffshausen*

(Feld am See/Kärnten 1927 - 1987 Villach)

„Espace dilaté“
1966
Spachtelmasse, Dispersion auf Leinwand; ungerahmt
130 x 98 cm
Signiert und datiert unten mittig: Bischoffshausen 66
Rückseitig signiert, datiert und bezeichnet: Bischoffshausen 66, "Espace Dilaté"

Provenienz

direkt beim Künstler erworben;
seither Privatbesitz, Paris

Schätzpreis: € 30.000 - 60.000
Ergebnis: € 50.160 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Die 1960er-Jahre stellen die wichtigste Schaffensphase von Hans Bischoffshausen dar. Der gebürtige Kärntner lebte damals in Paris und fand dort zu einer radikal reduzierten, meditativen Bildsprache, die sich in erster Linie durch konsequente Monochromie auszeichnete. Bischoffshausen gestaltete seine Leinwände nicht mehr mittels Farben, sondern durch die reliefhafte Strukturierung des Bildgrunds. Dafür trug er auf den Bildträger eine Schicht flüssiges PVC oder Spachtelmasse auf und bearbeitete diese im noch feuchten Zustand auf verschiedene Arten. Im vorliegenden Werk zog er (wohl mit dem Finger) kleine Spiralen in den feuchten Grund. Das dadurch verdrängte Material sammelte sich jeweils an den Rändern und bildete Grate. Aus dem Zusammenspiel verdrängter und angehäufter Massen ergab sich ein Relief aus runden Formen, die gemeinsam eine organisch wirkende Struktur bilden. Diese konzentriert sich auf das Zentrum der Bildfläche und erweckt den Eindruck eines konvex gekrümmten Raumes.

„Raum“ war, neben „Energie“, das häufigste Thema in Bischoffshausens Schaffen der 1960er Jahre. Espace dilaté bedeutet übersetzt in etwa „ausgedehnter“ oder „erweiterter Raum“, vergleichbare Bildtitel waren z.B. Räume in Auflösung (1962), Espace concentré (1960/63) oder Espace comprimé (1966). Mit diesen Bezeichnungen definierte Bischoffshausen den Raum als etwas veränderliches, das in einem gewissen – kurz- oder langfristigen – Zustand dargestellt ist. Es entsteht der Eindruck, der Raum bzw. die Struktur, durch die er sich zeigt, sei eine eigenständige Entität, deren Aussehen und Ausformung latent ist und sich jederzeit noch verändern könnte. Eine Beschreibung aus Arnulf Rohsmanns Bischoffshausen-Monographie gewährt tieferen Einblick in Bischoffshausens Verständnis von Raum: „Bischoffshausen vertrat das Modell eines „Raumzeitplasmas“; der kosmische Raum sei der Ort, „an dem sich Energie abspiele“ und die Wechselwirkung von „pneuma“ (Hauch, Geist) und „atmos“ (Druck) seine Ausdehnung und sein Zusammenziehen bewirke. „Pneuma“ und „atmos“ sind für Bischoffshausen bildhafte Synonyme für Energie, die das Pulsieren des Raumzeitplasmas auslöse. (…) Während das Bildrelief den Raum als Gegenüber vermittelt, verbindet Bischoffshausen mit der Vorstellung vom Raumzeitplasma einen aperspektivischen Innen-Raum, zu dem der Zugang auf dem Weg der Meditation möglich sei.“ (A. Rohsmann, Bischoffshausen, Klagenfurt 1991, S. 106)

(Clara Kaufmann)