Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

08. Juli 2021, 14:00 Uhr

2008

Alfred Kubin*

(Leitmeritz 1877 - 1959 Zwickledt)

„Ziegelei“
um 1902/03
Tusche gespritzt und laviert, Kohle, weiß gehöht auf Katasterpapier
23,6 x 17,3 cm
Signiert rechts unten: AKubin
Verso von fremder Hand betitelt: Ziegelei
Prägestempel "Gauss" und 2. Prägestempel

Provenienz

Otto Wilhelm Gauss, München (mit Prägestempel: Gauss);
1966 dort erworben, Privatbesitz;
Galerie Würthle, Wien;
Sammlung Berggruen, Paris;
Galerie Hilger, Wien;
Privatbesitz, Österreich

Literatur

Alfred Kubin zum 100. Geburtstag: Unveröffentlichte Zeichnungen und Aquarelle aus Privatbesitz, Kulturhistorisches Museum, Bielefeld, 1977, Nr. 6, s/w-Abb. S. 42;
Klimt, Schiele, Ensor, Kubin, Künstler der Jahrhundertwende, Kat.-Ausst. Galerie Knoedler, Zürich, Galerie Würthle, Wien, 24. Sept.-3. Dez. 1983, Abb. S. 262;
Alfred Kubin, Vingt Dessins, Berggruen, Paris 1986, Kat.-Nr. 4

Schätzpreis: € 35.000 - 70.000
Ergebnis: € 45.000 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Völlig menschenleer erscheint der Arbeitsplatz dieser Ziegelei, die Kubin in eine öde, flache Landschaft platziert. Im Vordergrund befindet sich ein Karren, dessen Deichsel gleichsam mahnend nach oben gerichtet ist. Der große Schlot des Ziegelbrennofens ragt jenseits des Bildausschnitts überdimensioniert hoch in den Himmel. Weitere kaum erkennbare und nicht identifizierbare Vertikalakzente befinden sich im Hintergrund der Darstellung. Kein auch noch so kleiner Lichtakzent verweist auf irgendeine Aktivität in den Betriebsgebäuden dieser Ziegelei.
Nachdem sich Alfred Kubin in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts in München erfolgreich zu einer Art großstädtischer, bohemienartiger „Szenegröße“ als stets schwarz gekleideter, sich immer melancholisch gebender Künstlerphilosoph inszeniert hatte, wurde er in den darauffolgenden Jahren des Stadtlebens zunehmend überdrüssig und interessierte sich immer mehr für die Verbindung seiner Bildvisionen – genährt durch intensive Literatur- und Bilderfahrungen – mit Alltagsszenen und Landschaftseindrücken, was schließlich 1906 in die definitive Übersiedlung mit seiner frisch vermählten Ehefrau in das abgelegene „Schlösschen“ Zwickledt in der Gemeinde Wernstein am Inn, nahe der Stadt Passau an der österreichisch-deutschen Grenze gelegen, führte.
(Peter Assmann, in: Alfred Kubin, Ausstellungs-Katalog Shepherd W&K Galleries, Edition W&K, New York 2014/15, S. 28)