Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

08. Juli 2021, 14:00 Uhr

2048

Kurt Absolon*

(Wien 1925 - 1958 Wulkaprodersdorf)

„Liegender Akt“
1950
Öl auf Leinwand
48 x 66 cm
Signiert und datiert rechts unten: Kurt / 1950

Provenienz

österreichischer Privatbesitz

Das Bild wird in das von Dr. Bernhard Hainz und Dr. Stefan Üner herausgegebene Werkverzeichnis aufgenommen.

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Auktion ist beendet.

„Er war der Begabteste von uns allen!“ (Kurt Moldovan, zitiert in: Otto Breicha (Hg.), Kurt Absolon. Der Zeichner mit der Grasharfe, Graz 1989, S. 23), urteilt ein großer Zeichner über den anderen. In vorliegendem Werk erweist sich Kurt Absolon als Meister der Ölmalerei. Auch hier zeigt sich sein Gefühl für räumliche Spannungen, das im überlegten Platzieren der einzelnen Farbwerte und dem Kontrastieren von definierten und undefinierten Raumzonen seinen Niederschlag findet. Dominiert in vielen seiner Arbeiten das „chimärisch-expressive“, so ist es hier das „lebensvoll-vitale“ (Breicha, S. 24), das der Künstler zum Ausdruck bringen möchte.

Eine junge Frau liegt ausgestreckt auf roten Pölstern, auf einem opulenten Diwan, den rechten Arm über dem Kopf, um ein Kissen zu halten, das das Haupt stützt. Im Gesicht vereint der Künstler unterschiedliche Perspektiven, in der rechten Hälfte eine Draufsicht, in der linken die Frontalansicht, was dem Antlitz einen fremdartigen, maskenartigen Ausdruck verleiht und für eine unerklärliche Irritation sorgt. Der nackte Körper der Frau wirkt an manchen Stellen eigentümlich flach, die dem Betrachter zugewandte Vorderseite hingegen ist mit dickem, pastos-expressivem Farbauftrag in grellem Gelb ausgestaltet und zieht unweigerlich den Blick des Betrachters auf sich.
Motivisch spannt sich hier ein Bogen von den Venusdarstellungen des Tizian zu den Haremsdamen des Eugène Delacroix und Jean-Auguste-Dominique Ingres bis hin zu den Odalisken des Henri Matisse. Jene Konkubinen des Harems, unbekleidet oder nur von leichten Schleiern verhüllt, dienten seit jeher als Projektionsflächen für eine durch eine vorherrschende Sexualmoral eingeengte Gesellschaft, wie auch die liegende Venus als eine Idealisierung unerreichbarer Weiblichkeit interpretiert werden kann. Schon bei Henri Matisse findet ein Wandel des Frauenbildes statt. Die Dargestellten präsentieren in selbstbewusster Pose ihre Weiblichkeit, sind sich des Betrachters wohl bewusst, fordern ihn heraus. Kurt Absolons Akt ist ein Wesen mit rätselhaften Zügen, aufreizend herausfordernd und abwesend gleichgültig zugleich. Der Künstler vereint das Farbempfinden der Fauves mit surrealen Elementen, auf der Suche nach einer „inneren Wahrheit“ (Breicha S. 24).

„Das Kunstwerk hat keinen Zweck, ist keine Antwort, keine Lösung und niemals ein Genußobjekt, sondern einfach das Produkt menschlichen Geistes und menschlicher Schöpferkraft, entsprungen aus der Sehnsucht, dem Dasein Dauer zu verleihen und den Tod durch ein Werk zu besiegen, nicht den leiblichen, wohl aber den geistigen, das Aufgehen in ein Nichts durch ein Zeugnis des Hiergewesenseins zu überwinden.“ (Kurt Absolon, zitiert in: Matthias Boeckl, Zeugnisse des Hiergewesenseins. Kurt Absolons pure Zeichenkunst, einmal mehr in Erinnerung gerufen, in: Parnass, Heft 2, Wien 1996, S. 40)
(Sophie Cieslar)