Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

04. März 2020, 17:00 Uhr

0314

Ernst Fuchs*

(Wien 1930 - 2015 Wien)

„Greif und Drache“
1960-69
Öl, Mischtechnik auf Papier auf Platte; gerahmt
80 x 61,5 cm
Signiert und datiert links oben: Ernst Fuchs 1960-69
Signiert und datiert links unten: Ernst Fuchs 1960-69
Rückseitig Ausstellungsetikett: Museum am Ostwall, Dortmund

Provenienz

1998, Wiener Kunstauktionen, Lot 381;
seither Sammlung Sanziany & Palais Rasumofsky

Ausstellung

"Phantastischer Realismus", Galerie an der Düssel, Düsseldorf 1977, Katalog S. 31; "Die Wiener Schule des Phantastischen Realismus", Museum am Ostwall, Dortmund 7.10 - 2.12.1979, Abb 69.

Literatur

Fuchs über Ernst Fuchs, Piper Verlag 1977, Seite 132; Lexikon der Phantastischen Malerei, Dupont Verlag 1977, Abb. 16.

Schätzpreis: € 22.000 - 30.000
Ergebnis: € 26.400 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Gleich nach Studienende zieht es den jungen Ernst Fuchs nach Paris, wo er bis 1961 vorwiegend lebt und sich hautnah mit dem französischen Surrealismus auseinandersetzen kann. Gleichzeitig führt er ab 1958 auch die Galerie „Ernst Fuchs stellt vor“ in der Millöckergasse im 6. Wiener Gemeindebezirk, die mit ihren Ausstellungen die „Wiener Schule des Phantastischen Realismus“, als einer deren Hauptvertreter der Künstler gilt, einem breiteren Publikum nahebringt. Dieser Name geht auf den Kunstkritiker Johann Muschik zurück, der ihn anlässlich der ersten Museumsausstellung der Gruppe in der Österreichischen Galerie im Schloss Belvedere 1959 prägt. 1965 treten die Phantastischen Realisten mit einer von Wieland Schmied organisierten Gruppenausstellung von der Kestner-Gesellschaft in Hannover aus, ihren Siegeszug durch Deutschland an. Die Ausstellung wandert nach Leverkusen, Frankfurt, Berlin, Pforzheim, Kassel und ist zuletzt in Wien zu sehen und wird zum durchschlagenden Erfolg. Das bedeutet den endgültigen Durchbruch und verschafft den beteiligten Künstlern internationale Anerkennung. Das Jahr 1968 bringt zudem für Ernst Fuchs eine große Einzelausstellung in der Wiener Albertina. Es ist das erste Mal in der Geschichte des Museums, dass einem noch lebenden Künstler diese Ehre zuteilwird.

Das Bild „Greif und Drache“ ist somit in einer für den Künstler äußerst wichtigen Zeit entstanden, in der sich erste große Erfolge einstellen. Die Werke der Phantastischen Realisten sind beim Publikum äußerst beliebt und finden mit ihrer feinen, altmeisterlichen Malweise eine breite Anhängerschaft. Ernst Fuchs gehört zu den außergewöhnlichsten Talenten der Gruppe. Er sammelt die Motive seiner Malerei aus dem Repertoire vergangener Jahrhunderte. Magische Motive tauchen auf, „die zugleich auch eine gnostische Weltsicht des Kampfs zwischen Gut und Böse vermitteln“ (Agnes Husslein-Arco (Hg.), Phantastischer Realismus, Ausstellungskatalog, Belvedere, Wien 2008, S. 21). Religiöse Motive werden bei Ernst Fuchs in meisterhafter, detailreicher Malweise mit bizarren Facetten verfremdet. Der Greif ist in die Rolle des Drachentöters geschlüpft und nimmt die ikonographisch vorgegebene Rolle des Hl. Georg ein. Statt der Lanze, mit der der Heilige dem Ungetüm den Todesstoß versetzt, sind es hier gleisende Strahlen, die von den ausgebreiteten Schwingen des mystischen Fabelwesens ausgehend wie Laserstrahlen den Drachen durchbohren. Der Greif ist als äußerst fantasievolles Mischwesen dargestellt. Es hat den Kopf eines Raubvogels, Flügel wie prachtvoll verzierte Kampfschilder, einen ähnlich wertvoll gepanzerten echsenähnlichen Leib und statt Beinen und Füssen krakenähnliche Tentakel. Im Kampf mit dem Drachen erfüllt er seine Funktion als Bezwinger des Bösen. Im Todeskampf windet sich das schuppige Untier, die Krallen greifen ins Leere, den hahnenähnlichen Kopf hat es dem Greifen zugewandt, das Maul zu einem letzten züngelnden Laut geöffnet. Dahinter führt eine dramatische Gebirgslandschaft den Blick in die Weite, überschattet von einem Himmel mit apokalyptischen Wolken. Die vorherrschende Farbe ist grün, kontrastiert von einem intensiven Blau, das die Täler und Becken zwischen den spitzen Gipfeln füllt. Blau, als Farbe der Hoffnung, und ein Lichtstreifen am Horizont, der die aufgehende Sonne verheißt, künden vom Sieg des Guten über das Böse.
(Sophie Cieslar)