Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

04. März 2020, 14:00 Uhr

Objektübersicht
Objekt

0001

Gustav Klimt

(Wien 1862 - 1918 Wien)

„Vorgebeugt stehender Akt“
1904
Bleistift auf Papier
55 x 35 cm (Blattmaß)

Provenienz

österreichischer Privatbesitz

Ausstellung

2011 Eppan, Südtirol, Die Geschichte des Körpers, Galerie im Lanserhaus;
2016 Bernried, Klimt und Shunga. Explizit Erotisches aus Wien und Japan, Buchheim Museum der Phantasie;
2017 Wien, Klimt und die Antike. Erotische Begegnungen, Belvedere Wien

Literatur

Mona Horncastle/Daniel J. Schreiber, Klimt und Shunga. Explizit Erotisches aus Wien und Japan (Kat. Ausst. Buchheim Museum der Phantasie, Bernried 2016), Feldafing 2016, S. 42;
Stella Rollig/Tobias G. Natter (Hg.), Klimt und die Antike. Erotische Begegnungen (Kat. Ausst. Belvedere Wien, Wien 2017), München/London/New York 2017, S. 230;
W&K – Wienerroither & Kohlbacher (Hg.), Gustav Klimt. Drawings, concept and texts by Marian Bisanz-Prakken, W&K Edition, Wien 2018, Nr. 41 (mit Abb.)

Diese Arbeit wird von Marian Bisanz-Prakken in den Ergänzungsband zu dem von Alice Strobl publizierten Werkverzeichnis der Zeichnungen von Gustav Klimt aufgenommen.

Schätzpreis: € 30.000 - 60.000
Ergebnis: € 51.200 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Klimts Tendenz, die Figuren seiner Allegorien einer geometrischen Ordnung zu unterwerfen, zeigt sich erstmals ganz klar in seinem "Beethovenfries" (1901-02). Nach dieser einschneidenden Erfahrung lebt er sich als Zeichner immer wieder in autonomen Experimenten aus, bei denen er auf verschiedenste Art und Weise die Beziehung zwischen Raum und Fläche, zwischen Sinnlichkeit und Abstraktion erkundet.
Im Jahr 1904 zeigt Klimt eine Vorliebe für hagere Modelle und lässt diese selbst fast zur Architektur werden. Ein aufgestützt kniender Akt gleicht einem breiten, eckigen Tor, dem er die zarten Innenkonturen – insbesondere die im Fokus stehende Brustlinie – subtil entgegensetzt (Kat. Nr. 2). Die relativ seltene Verbindung der neuen, japanischen Papiersorte mit der traditionellen schwarzen Kreide macht die besondere Wirkung dieser Zeichnung aus und verweist auf die für 1904 charakteristische Übergangssituation. Noch im selben Jahr sollte Klimt von der weichen schwarzen Kreide auf den härteren Bleistift überwechseln.
Eine raffinierte „Toröffnung“ ergibt sich durch die strenge Profilstellung eines vorgebeugt stehenden Akts mit herunterhängendem Ball-Entrée (Kat. Nr. 1). In diesem Blatt wird der leere Ausschnitt von der gestrafften Beinkontur, der gewellten Bauch- und Brustlinie sowie den gezackten Formen des zarten Stoffs umrahmt; rechts unten zeigen sich die aufgestützten, einander umfassenden Hände, für die das Papier keinen Platz bot. Klimt hat diese Arbeit bereits in Bleistift ausgeführt – ein Medium, das er, wie erwähnt, 1904 für sich entdeckt hat. In diesem Jahr war er als Zeichner besonders experimentierfreudig, wie der spannungsvolle Dialog zwischen den haarscharf definierten, sinnlichen Körperumrissen und der luftigen Stoffkaskade lebhaft vorführt.
(Marian Bisanz-Prakken)