Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

04. Dezember 2019, 16:00 Uhr

0725

Herbert Brandl

(Graz 1959)

und

Franz West

(Wien 1947 - 2012 Wien)

„o.T.“
1988-90
Papiermaché, übermalt
H. 49 cm

Provenienz

Privatbesitz, Wien

Die Authentizität der Arbeit wurde von Herbert Brandl und der Franz West Privatstiftung bestätigt.

Schätzpreis: € 10.000 - 15.000
Ergebnis: € 17.920 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Kollaborationen mit verschiedenen Künstlern spielen im Werk von Franz West eine wichtige Rolle. Nicht nur die Besucher werden eingeladen, selbst Teil eines Kunstwerkes zu werden, sondern auch Kollegen werden gebeten, sich am Schaffensprozess, an der Gestaltung einer Arbeit zu beteiligen. West hinterfragt so konsequent die Rolle des Betrachters, aber auch das Verhältnis zwischen Künstler und seiner Schöpfung. Sein „offener Werkbegriff, der mit den Passstücken seinen Anfang nimmt, findet konsequente Erweiterung in der Relativierung der Bedeutung der Autorschaft“ (https://www.stayinart.com/franz-west-artistclub/, zugegriffen am 17.10.2019). Durch die Miteinbeziehung verschiedenster Künstlerkollegen spielt er ein oft humorvolles, aber gleichzeitig auch subversives Spiel mit dem Urheberbegriff und der Autonomie eines Kunstwerks. Kunst ist seiner Auffassung nach ein zugänglicher Akt. Mit diesem Konzept ist „Franz West unter den Kunstschaffenden in Österreich eine Ausnahmeerscheinung. Sein Prinzip der Zusammenarbeit mit anderen Künstlern und der Teilhabe der Kunstbetrachter ist bis heute einzigartig“ (Agnes Husslein, https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20161213_OTS0050/21er-haus-franz-west-artistclub, zugegriffen am 18.10.2019).

1981 gründet der spätere künstlerische Leiter des Universalmuseums Joanneum und des Kunsthauses Graz Peter Pakesch, aus New York kommend, eine eigene Galerie in der Wiener Ballgasse. Hier begegnet Franz West den „Jungen Wilden“ Herbert Brandl, Otto Zitko und Heimo Zobernig, deren vehemente Farbigkeit er bald in seine Arbeiten einbauen wird. West selbst hat in den frühen 1980er Jahren in seinen gipsweißen Passstücken zunächst ja zugunsten der Form auf Farbigkeit weitgehend verzichtet, ja deren Verwendung scheint ihm gar problematisch. Er schreibt: „Der Inhalt des Farbtiegels bei Herbert Brandl läßt daran denken, daß alles optisch Wahrnehmbare irgendeine Farbe hat... Ich versuche meine „Feigheit“ in der Materialverwendung zu überwinden und setze die Farbe ein. Und dann entstehen die nächsten Probleme… (Hans Ulrich Obrist, Ines Turian (Hg.), Franz West schrieb, Texte von 1975–2010, Köln 2011). Nun lädt er andere Künstler ein, seine Objekte zu bemalen, durch ihre Mitarbeit zu verändern, zu erweitern. 1988 werden in der Ausstellung „Herbert Brandl – Franz West. Die Ernte des Tantalos“ verschiedenste Arbeiten in Graz, Wien, Turin und Frankfurt gezeigt.

Vorliegende Arbeit, in den Jahren 1988-1990 entstanden, ist ein Beispiel für eine Kollaboration mit Herbert Brandl. Kopflastig, monolithisch erhebt sich ein aus Papiermaché geformtes Gebilde auf einem zarten, weiß belassenen Sockel. Dicht, wie mit Teer begossen, legt sich eine dunkle Farbschicht über die Form und bringt mit leichtem Glanz jede Unebenheit noch stärker zur Geltung. Gleichzeit erhält die Skulptur durch die Farbigkeit eine neuartige Tiefe und Räumlichkeit. Eine echter Brandl, ein echter West.
(Sophie Cieslar)