Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

03. Dezember 2019, 18:00 Uhr

0358

Werner Berg*

(Elberfeld 1904 - 1981 Rutarhof)

„Betende“
1963
Öl auf Leinwand
75 x 36 cm
Monogrammiert links unten: W.B.

Provenienz

österreichischer Privatbesitz

Literatur

Wieland Schmid u. a., Werner Berg, Gemälde, mit einem Werkverzeichnis von Harald Scheicher, Klagenfurt 1994, WV-Nr. 668, s/w-Abb. S. 292

Schätzpreis: € 80.000 - 120.000
Ergebnis: € 118.400 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Das in Unterkärnten bis weit in die 1960er Jahre noch allgegenwärtige Kopftuch der Frauen, erlaubte Werner Berg in deren Darstellung die Formen zu vereinfachen und die Gesichter bis auf den freigelassenen Ausschnitt zu verschmälern. Die Dreiecksform des Kopftuches kam dem Wunsch des Künstlers nach einem strengen, nahezu geometrischen Bildaufbau entgegen. Besonders deutlich wird dies in dem vorliegenden Werk, wo Kirchbank und die Gliederung der Kirchwand im Hintergrund des Kopfes der Betenden ein Spiel mit scharfen geometrischen Formen erlauben. Die Härte der spitzen Winkel kontrastiert der Künstler bewusst mit dem Zartrosa-Hellblau des Kopftuches und dem Pastellorange des Gesichtes. In sich gekehrt und etwas verschreckt lugt der schmale Kopf zwischen dem umgebenden Formengitter hervor.

„Gewiss gibt es anderswo prächtigere Trachten und stattlichere Menschen, aber nur zu leicht fehlt – ich habe es zuweilen erfahren – jenes schwer zu definierende Gewürz der Besonderheit. … Man gehe in eine der unberührteren Dorfkirchen, zu Allerheiligen auf den Friedhof von Eberndorf oder an einem der bestimmten Feiertage zum Hemma- oder Liesnaberg, wo das Volk zusammenströmt und eine Fülle von Anblicken bietet, in denen man mühelos hinter Anekdote und Folklore große Form, zeitlose Begebenheit und bildträchtiges Geheimnis entdecken kann. Immer wieder fesselt mich, Sinnbild der menschlichen Urangst überhaupt, das Bild der betenden Bäurin: steil, ernst und voll Hingegebenheit. Nicht selten reiße ich die Augen auf vor Staunen, dass diese archaisch große Form und mythenhafte Versunkenheit wirklich sind, Wirklichkeit unserer Tage und nichts fern Beschworenes oder museal Konserviertes. In solchen Augenblicken offenbart und erneuert sich fern allem Wollen der Gebildeten Volkstum. Man schaue sich auf das Kircheninnere an, dessen reiche Ausschmückung und Farbigkeit ihren unverwechselbar eigenen Charakter haben“, schrieb Werner Berg 1947.
(Harald Scheicher)