Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

17. Juni 2019, 16:00 Uhr

0431

Alexander Rothaug

(Wien 1870 - 1946 Wien)

„Die drei Parzen“
um 1910
Tempera auf Leinwand
124 x 174 cm
Signiert links oben: Alexander sowie rechts oben: Rothaug
Rückseitig auf Etiketten auf Keilrahmen eigenhändig bezeichnet: Tempera-Gemälde / "Die Parzen" / Alexander Rothaug Wien. / Das Bild darf nur mit Benzin gereinigt / werden; u. mit reinem Mastix in Terpentin / gefirnisst werden.

Provenienz

vom Urgroßvater der jetzigen Besitzerin um 1910 direkt vom Künstler erworben;
seither in Familienbesitz, Privatbesitz Deutschland

Ausstellung

1910 Wien, Künstlerhaus, XXXVI. Jahresausstellung, Nr. 358

Literatur

Jahresausstellung im Künstlerhause, in: Deutsches Volksblatt, Nr. 7617, 17.03.1910, S. 9;
36. Jahresausstellung im Künstlerhause, in: Wiener Abendpost, Beilage zur Wiener Zeitung, Nr. 67, 23.03.1910, S. 3;
Kunstausstellungen - Künstlerhaus, in: Neue Freie Presse, Nr. 16375, 24.03.1910, S. 8;
Jahresausstellung im Künstlerhause, in: Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), Nr. 84, 26.03.1910, S. 1;
36. Jahresausstellung im Künstlerhause, in: Deutsches Volksblatt, Nr. 7633, 03.04.1910, S. 18;
Besuch des Kaisers im Künstlerhause, in: Neue Freie Presse, Nr. 16384, 03.04.1910, S. 9

Wir danken Frau Olga Kronsteiner für die wertvollen Hinweise.

Schätzpreis: € 50.000 - 80.000
Ergebnis: € 192.000 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

„[…] „Die Parzen“ zeigen seine besondere Eigenart in bester Qualität.“ (Deutsches Volksblatt, 17.03.1910, S. 9)

1870 in Wien in eine Maler- und Bildhauerfamilie geboren, erhielt Alexander Rothaug zusammen mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Leopold den ersten Malunterricht von seinem Vater. Nach einer Bildhauerlehre studierte er ab 1885 an der Wiener Akademie, um 1892 nach München zu gehen und als Illustrator für die 'Münchener Fliegenden Blätter' tätig zu werden. Seine ausgedehnten Studienreisen führten Rothaug durch Deutschland, Italien, Spanien und Dalmatien. Im Wiener Künstlerhaus waren seine Arbeiten ab dem Jahr 1909 regelmäßig zu sehen, 1910 – nach seiner Rückkehr nach Wien – wurde er Mitglied des Wiener Künstlerhauses.

Alexander Rothaug spezialisierte sich auf Motive der deutschen Sagenwelt und der antiken Mythologie. In vorliegendem Gemälde mit den drei Schicksalsgöttinnen greift der Künstler ein beliebtes Sujet der römischen Mythologie auf, welches sich in der Renaissance zu einem eigenständigen Bildthema entwickelte.
Bei den Parzen handelte es sich ursprünglich um altrömische Geburts- und Geburtshilfegöttinnen, die im Zuge der Interpretatio Romana den griechischen Moiren angepasst und somit zu Schicksalsgöttinnen umgedeutet wurden. Nona (Neunte) und Decuma (oder Decima, Zehnte) stehen im Konzept der Parzen für die Vergangenheit und die Gegenwart. Während Nona den Lebensfaden spinnt, teilt Decuma diesen zu und nimmt so auf die Beschaffenheit des Lebens Einfluss. Die dritte Göttin, Morta, deren Name auf den Tod Bezug nimmt, ist vermutlich auf Parca, ihrerseits Namensgeberin der Parzen und ebenfalls ursprünglich eine römische Göttin der Geburt, zurückzuführen. Sie bestimmt durch das Abtrennen des Fadens das Lebensende und symbolisiert zugleich die Zukunft.

In Rothaugs Gemälde haben die drei Schicksalsgöttinnen in einer marmornen Nische Platz genommen, um über das Schicksal des menschlichen Lebens zu bestimmen: Links sitzt Nona und spinnt den Lebensfaden, während dieser rechts von Decuma bemessen und zugeteilt wird. Im Zentrum thront Morta, das Lebensende personifizierend als Greisin dargestellt, bereit dem Leben durch das Trennen des Fadens jederzeit ein Ende zu setzen.

Eindrucksvoll, aber auch mahnend hat der Künstler die drei Parzen in ihrer Funktion als Schicksalsgöttinnen festgehalten, den fein gesponnenen, zart schimmernden Faden als Symbol des Lebens in ihren Händen haltend. Die Umsetzung der unterschiedlichen Oberflächen und Stoffe – der kühle, braun-blaue Marmor, die zarten, fließenden Gewänder und besonders der durchsichtige, fein glänzende Stoff von Nonas Kleid – zeigen Rothaugs herausragendes malerisches Talent.
(Barbara Berger)