Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

30. November 2018, 17:00 Uhr

0313

Gustav Klimt

(Wien 1862 - 1918 Wien)

„Brustbild eines Mädchens im Profil“
um 1915/16
Bleistift auf Papier
51,2 x 36,6 cm
Nachlassbestätigung von Hermine Klimt unten rechts: Nachlass meines Bruders Gustav / Hermine Klimt
Nachlass-Stempel rechts unten (verblasst)

Provenienz

aus dem Nachlass des Künstlers;
Privatbesitz, Wien;
Dorotheum Wien, 23. 11. 2011, Nr. 1202;
österreichischer Privatbesitz

Die Zeichnung wird von Frau Dr. Marian Bisanz-Prakken in den Nachtrag des Werkverzeichnisses aufgenommen.

Schätzpreis: € 35.000 - 70.000
Ergebnis: € 44.800 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Zu den späten Zeichnungen von Gustav Klimt gehört eine umfangreiche Gruppe von Brust- und Halbbildnissen (1915-17, Strobl 2630-2750), die zum Teil im Zusammenhang mit Porträtgemälden entstanden sind. Viele der dargestellten Frauen - so auch das Modell der hier präsentierten Zeichnung - sind jedoch anonym und zeigen ein breites Spektrum an Physiognomien, Haartrachten und Bekleidungsarten; in diesen Blättern steht nicht die porträtmäßige Charakterisierung, sondern vielmehr die Wiedergabe eines bestimmten Typus im Vordergrund. Die dargestellten Frauen vermitteln spezifische Stimmungslagen, sei es meditative Selbstversunkenheit, sinnlich-lächelnde Verinnerlichung oder manchmal sogar - ungewöhnlich für Klimt - ein offenes Lachen.
Die klassisch-strenge Wiedergabe des Profils der vorliegenden, um 1916 ausgeführten Studie erinnert an einen früheren Porträttypus, dem Klimt sich vor allem um 1904 gewidmet hat; innerhalb der späten Brust- und Halbbildnisse, in denen die Frontal- oder Dreiviertelposition dominiert, ist die Profilansicht nur selten vertreten. Die hier präsentierte Frauenfigur weist in ihrer Physiognomie sowie in ihrer eng anliegenden, seitlich zu einer Rolle gebundenen Frisur eine unverkennbare Ähnlichkeit mit einem weiteren Profilbildnis auf (Strobl 2677), in dem die Oberbekleidung des Modells mit weißer Kreide ergänzt wurde.
Kennzeichnend für Klimts späten Zeichenstil ist die nervöse, intermittierende Strichführung des weichen Bleistifts, verbunden mit einer äußerst sicheren Flächengliederung. Sparsame Linien grenzen die Haar- und Gesichtspartien voneinander ab; eine eigentümliche Spannung zwischen Raum und Fläche ergibt sich durch die streng fixierte Profilstellung des Gesichts in Verbindung mit der diagonal gerichteten Schulterpartie. Die Umrisse von Hals und Kinn heben sich emphatisch von den vertikalen Falten der angrenzenden Bekleidung ab, wodurch das Gesicht hell hervortritt. So vermittelt Klimt mit minimalen Mitteln die verschiedenen Lichtwerte - nicht zuletzt durch den dynamischen Wechsel zwischen dem Hell- und Schwarzgrau des weichen Bleistifts. Dabei wurden die zart angesetzten Umrisse des Auges und der Braue, leicht verschoben, nochmals verstärkt aufgetragen. Die Folge dieser subtilen Korrekturen - ein für Klimt charakteristisches Verfahren - ist ein leichtes Flimmern, das die sinnliche Qualität der Zeichnung maßgeblich bestimmt.
(Marian Bisanz-Prakken, 2006)