Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

01. Dezember 2018, 15:00 Uhr

0044

Markus Lüpertz*

(Liberec 1941)

„Otello mit Lampe Nacht“
1996
Öl auf Leinwand; gerahmt in Original-Künstlerrahmen
100 x 81 cm
Monogrammiert rechts oben: ML
Rückseitig bezeichnet und signiert: Otello mit Lampe NACHT M Lüpertz
Rückseitiges Klebeetikett: Galerie Thaddaeus Ropac

Provenienz

Galerie Thaddaeus Ropac;
seit 1996 Privatbesitz, Wien

Schätzpreis: € 35.000 - 70.000
Ergebnis: € 66.000 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

„Der Inhalt ist ein Kommunikationsproblem, dem der Künstler versucht zu entgehen, denn der Betrachter muss den Inhalt des Bildes in sich selber tragen und erfinden. Der Künstler erzeugt lediglich den Defekt, die Wunde, die Krise, aus denen sich die Frage des Inhalts nachgebiert. Der Inhalt, ist er irgendwo erklärt, ist Kompromiss und nicht vom Künstler selbst verantwortet.“ (Markus Lüpertz, 2009)

Markus Lüpertz zählt zu den bekanntesten deutschen Künstlern der Gegenwart. Seine Werke werden vielfach dem Neoexpressionismus zugeordnet, wobei er eine gänzlich neue archaische Bildsprache entwickelt hat, mit der er Archetypen einer aus den Fugen geratenen Welt entwickelt, die an suggestiver Kraft und monumentaler Wucht kaum zu überbieten sind. Dabei sucht er stets die Gegensätze von Gegenständlichkeit und Abstraktion miteinander zu verbinden. Konkreten Stilrichtungen sieht er sich dabei nicht verpflichtet, glaubt nicht an den reinen Abbildungscharakter der Kunst. Seine Malerei ist leidenschaftlich und intellektuell zugleich, stets ist er „auf der Suche nach dem möglichen Bild“. (https://www.bundeskunsthalle.de/ausstellungen/archivierte-ausstellungen/markus-luepertz-hauptwege-und-nebenwege.html, zugegriffen am 22.10.2018).

Ab der Mitte der 1980er Jahre beginnt Lüpertz in Serien zu malen, in denen er sich mit großen Malern der Kunstgeschichte (Jean-Baptiste Camille Corot, Nicolas Poussin) und literarisch-musikalischen Themen auseinandersetzt (Parzifal, Otello).
Im Zyklus „Otello“, benannt nach der gleichnamigen Oper von Giuseppe Verdi 1996 nach dem Drama von William Shakespeare entstanden, geht es um den dunkelhäutigen Feldherrn, der aus wahnhafter und durch den Intriganten Jago noch befeuerten Eifersucht, seine Frau Desdemona und daraufhin sich selbst tötet. Zu diesem Zyklus entstehen mehrere Ölbilder, Aquarelle und Bronzen, in denen er sich mit den Hauptfiguren dieses Dramas auseinandersetzt, dabei variiert er ein Bildmotiv mehrfach auf verschiedene Art und Weise. Die einzelnen Werke sind aber autark, nicht voneinander abhängig und bedingen einander auch nicht.

In „Otello mit Lampe Nacht“ sind wir im vierten Akt. Othello ist in das Schlafzimmer Desdemonas getreten und küsst sie zum letzten Mal, bevor er sie von ihrer Untreue überzeugt erwürgt. Der Kopf des rasenden Mörders füllt in klaustrophobischer Enge das ganze Zimmer. Über ihm brennt einsam eine Lampe, die die grausame Szene beleuchtet und die vernebelten Sinne des vermeintlich Betrogenen nicht zu erhellen vermochte. In Lüpertz Bilderkosmos wird Desdemona nicht stranguliert, sondern von ihrem Ehemann, dem Ungeheuer, grausam verschlungen. Nur noch eine Bein der Unglücklichen hängt bluttriefend aus seinem Mund.

Lüpertz transponiert die Hauptprotagonisten der Oper, vielfach Othello, in eine fragmentierte, fast abstrakte Form, dabei „bedient er sich bestimmter abstrakter Rhythmen, Linien, Techniken, Floskeln und Formen und verwandelt so die vordergründige Gegenständlichkeit in eine abstrakte, beinahe surreale Unmöglichkeit“ (Günter Salzmann in: Markus Lüpertz. Otello 1996. Ölbilder. Bronzen. Aquarelle & Gouachen. Ausstellungskatalog, Galerie Thaddaeus Ropac, Salzburg-Paris 1996, o. S). (Sophie Cieslar)