Auktionshaus

Auktion: Alte Meister

23. Oktober 2018, 15:00 Uhr

0111

Lucas Cranach der Ältere und Werkstatt

(Kronach 1472 - 1553 Weimar)

„Das ungleiche Paar“
1530er Jahre
Öl auf Holz, parkettiert
19 x 14 cm

Provenienz

Kenneth Fitzgerald, 12th Baron Kinnaird (1880-1972), Rossie Priory, Perth;
Versteigerung (‚The Property of a Gentleman‘) Sotheby's, London, 30. November 1966, Lot 83;
dort erworben von Seymour R. Thaler, New York;
Versteigerung (‚The Property of a Private Collector‘) Sotheby's, New York, 28. Januar 2010, Lot 252 (als Lucas Cranach der Jüngere, Kaufpreis 410,500 USD)

Literatur

M. J. Friedländer/J. Rosenberg: The Paintings of Lucas Cranach, London 1978, S. 126, Nr. 286 mit Abb. (als Lucas Cranach der Ältere, um 1530)

Schätzpreis: € 200.000 - 400.000
Auktion ist beendet.

Die kleine Tafel zeigt ein groteskes Paar: ein alter Mann und eine junge Schönheit. Ein derart ungleiches Paar war im 16. Jahrhundert ein sehr beliebtes Thema und verbreitete sich insbesondere durch die Druckgraphik. Unter dem Deckmantel der moralischen Belehrung und der Darstellung der Vergänglichkeit des menschlichen Lebens ermöglichte es dem Künstler die Zügellosigkeit seiner Protagonisten anzudeuten.
Erasmus von Rotterdam zitierte 1509 in seiner berühmten Satire „Lob der Torheit“ den antiken Dichter Aristophanes: “Alte Männer seien hässlich, schrumpelig, armselig, kahl und zahnlos, einige hätten aber so viel Freude am Leben, dass sie ihre grauen Haare färbten und mitgiftlosen jungen Frauen Heiratsanträge machten”. Das vorliegende Bild ist nicht nur eine Parodie auf den Gegensatz zwischen Jugend und Alter, eine weitere Aussage ist die Warnung vor den Lastern Lust und Gier. Ersteres wird in den Bildern des ungleichen Paares generell durch den Alten und letzteres durch das junge Mädchen personifiziert.

Das Thema des ungleichen Paares manifestierte sich als ein immer wieder kehrendes Bildmotiv in der Cranach-Werkstatt. Es sind insgesamt über vierzig Fassungen bekannt. Eine dem vorliegenden Gemälde sehr nahe Komposition mit ähnlichen Maßen befindet sich im Kunsthistorischen Museum, Wien und wird in die 1530er Jahre datiert (vgl. Inv. Nr. 895).
Friedländer und Rosenberg haben vorliegendes Gemälde als Werk von Lucas Cranach dem Älteren publiziert. In der Vergangenheit wurde das Gemälde auch Dr. Dieter Koepplin vorgelegt. Er teilte 2004 mit, dass er das Gemälde im Kunsthistorischen Museum für den eigenhändigen Prototypen hält und davon ausgeht, dass Lucas Cranach der Ältere selbst keine Wiederholungen seiner Entwürfe anfertigte, sondern diese normalerweise der Werkstatt zuzuordnen sind. Zur Zeit der Versteigerung 2010 unterstützte Dr. Werner Schade diese Sicht, legte jedoch nahe, dass die feine und hochqualitative Ausführung des Gemäldes darauf hindeutet, dass das Gemälde möglicherweise von Lucas Cranach dem Jüngeren oder gar seinem älteren Bruder Hans Cranach, der bereits 1537 starb, ausgeführt wurde. Gerade die hohe Qualität von bestimmten Partien, wie beispielsweise das Gesicht der Frau, und auch der Grad an Individualisierung im Vergleich zu anderen Versionen sprechen dafür, dass vorliegendes Gemälde über eine reine Werkstattwiederholung hinausgeht und eine Beteilung von Lucas Cranach dem Älteren denkbar erscheint.