Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

06. Dezember 2017, 18:00 Uhr

0654

Fritz Wotruba*

(Wien 1907 - 1975 Wien)

„Kleiner Gehender“
1952
Bronze
H. 43 cm; H. 41 cm (ohne Plinthe)
Wotruba, Epreuve D'Artiste II/III
Gießerstempel: Guss A. Zöttl Wien
Das Gussbuch verzeichnet insgesamt 7 arabisch nummerierte und 3 mit EA bezeichnete römisch nummerierte Abgüsse.

Provenienz

direkt vom Künstler erworben; Privatsammlung, Wien

Literatur

Jürg Janett (Hg.), Otto Breicha: Fritz Wotruba. Werkverzeichnis Skulpturen, Reliefs, Bühnen- und Architekturmodelle (Erker-Verlag, St. Gallen, 2002), WV-Nr. 165/2, Abb. S. 188.

Wir danken Frau Mag. Stöger-Spevak von der Fritz Wotruba Privatstiftung für die Unterstützung.

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Ergebnis: € 85.650 (inkl. Gebühren)

Als Ausdruck der Menschlichkeit spricht der „Kleine Gehende“ von Fritz Wotruba mit elementaren künstlerischen Mitteln von Mitgefühl und Zeitlosigkeit. Aus blockhaften Formen zusammengesetzt, zeigt die Figur Haltung, mit wenigen anatomischen Andeutungen erzeugt sie geradezu kindliche „Kleinheit“. Die erdige, dunkelbraun patinierte Oberfläche wird in ihrer ungeschönten Rohheit zu einer durch den Künstler geschaffenen organischen Schutzhülle der Innerlichkeit. Fritz Wotruba erreicht mit seiner Reduktion auf die Essenz einer Thematik und deren formale Umsetzung eine Fortführung seines Gedankens im Betrachter. Es wird belanglos, ob der „Kleine Gehende“ einen intakten Körper besitzt, allein seine Beinhaltung und seine Blickrichtung sowie das Spiel der Schatten seiner Körperlichkeit vermitteln ein vollkommenes Bild der künstlerischen Intention.
Als bezeichnendes Werk der frühen 1950er Jahre wendet sich Wotruba mit groben, blockhaften Elementen einem architektonisch motivierten Aufbau seiner Figuren zu, die eine Dekade später zu einer radikal stilisierten Ausformung finden. Nie verlässt der Künstler sein Credo der Menschlichkeit, die Reduktion dient ihm lediglich als zeitgemäße, wenn auch eigenständige und eigensinnige Interpretation zentraler menschlicher Fragen. Es mag ein wenig kühn sein, Wotruba einen nahezu antiken Sinn für Wahrhaftigkeit zuzugestehen, doch liegt seinem Blick eine verwandte Erkenntnisfähigkeit zu Grunde.
Eine zweifarbige Tuschezeichnung von 1951 eines „Gehenden“ der Wotruba Privatstiftung erschließt die Schöpfung der plastischen Ausformungen. Dynamische Striche erkunden die Bewegung des Gehenden, um schließlich bei der schlüssigsten Aussage inne zu halten.
Die Stiftung Sammlung Kamm, Zug, besitzt einen „Kleinen Gehenden“ (Inv.-Nr. K.P 303) auf einem flachen, organischen Sockel sowie eine Figur des „Großen Gehenden“ auf eckigem Sockel (H. 157 cm, Inv.-Nr. K.P 296). (Claudia Lehner-Jobst)