Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

18. Oktober 2017, 17:00 Uhr

0741

Ludwig Heinrich Jungnickel*

(Wunsiedel 1881 - 1965 Wien)

„Hahnenkampf“
Öl auf Leinwand
130 x 100 cm
Signiert links unten: L. H. Jungnickel
Rückseitig auf Leinwand eigenhändig bezeichnet: L. H Jungnickel Hahnenkampf

Provenienz

aus dem Nachlass des Künstlers;
österreichischer Privatbesitz

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Ergebnis: € 29.040 (inkl. Gebühren)

Ludwig Heinrich Jungnickel avancierte zum Meister darin, in seinen Zeichnungen, Aquarellen und Ölbildern sowohl die genaue Physiognomie als auch die jeweiligen Charaktereigenschaften von Tieren darzustellen. Er fertigte nicht nur eine enorme Anzahl von Tierporträts in den verschiedensten Techniken an, sondern verwendete auch gerne Fabeln als Inspirationsquellen, in denen Tieren eigentlich typisch menschliche Charakterzüge zugewiesen werden: man denke an den schlauen Fuchs, die einfältige Ente, den treuen Hund, den bösen Wolf oder den hochnäsigen Hahn. Diese Fabeltiere verkörpern je eine menschliche Eigenschaft, um als Synonym für ebendiese zu stehen und dem Leser als Identifizierungsmöglichkeit zu dienen. Vor allem in Jungnickels Spätwerk finden sich immer wieder solche stark charakterisierten Tierfiguren, die durch Übersteigerung karikiert sind. Beeindruckend ist die technische Meisterschaft, zu der es Jungnickel in der Darstellung von weichem, flauschigen Fell, aufgeplusterten Federn, der weichen Haut zum Beispiel eines Eselmauls oder den melancholischen Blicken der schlauen Menschenaffen gebracht hat. Oft benötigt er nur wenige Linien und Striche, um die Beschaffenheit der Körper in höchstem Maße realistisch zu schildern und dabei auch die Seele des dargestellten Tieres überzeugend, mitunter auch anrührend, auszudrücken. Diese Begabung brachte ihm nicht nur ein begeistertes Publikum sondern auch zahlreiche Auszeichnungen.

Die beiden Streithähne, die sich in dem hier präsentierten Ölgemälde einen heftigen Kampf liefern, sind ein schönes Beispiel für den expressionistischen Stil, den sich der Künstler über die Jahre immer mehr aneignete. Verstärkt durch die bunten Farbgirlanden und -flächen im Hintergrund, die wie Bewegungslinien das aggressive Hüpfen, Hacken und Picken des Paares im Clinch begleiten, strahlt das Gemälde Bewegung und geladene Spannung aus. Man hört förmlich das Rauschen der aufgeplusterten Federn und das Gekreisch der wütenden Kontrahenten, die mit ihren scharfen Schnäbeln und Krallen aufeinander losgehen. Prächtig schildert Jungnickel ihr grün und braun schillerndes Gefieder, dem er das Rot ihrer Kämme und der Blutspritzer entgegen setzt, das keinen Zweifel über die Ernsthaftigkeit der Situation für die beiden Tiere zulässt. (Ina Waldstein)