Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

21. Juni 2017, 18:00 Uhr

0811

Alfred Kornberger*

(Wien 1933 - 2002 Wien)

„Die Liebenden“
1983
Öl auf Leinwand; gerahmt
165 × 129 cm
Signiert rechts unten: Kornberger

Provenienz

Privatbesitz, Wien

Literatur

Smola Franz, Alfred Kornberger (1933-2002). Der Akt als Innovation, 1. Aufl. Wien 2007, Abb. S. 348.

Die Arbeit ist im Werkverzeichnis unter der Nummer 391 angeführt.

Schätzpreis: € 30.000 - 60.000
Auktion ist beendet.

Neben den in der Kunstgeschichteschreibung wohl vermerkten zwei Positionen in der österreichischen Malerei der Nachkriegszeit, der Abstraktion und dem Surrealismus, werden jene Künstler, die an einer gegenständlichen Darstellungsweise festhalten, oft ins Abseits gedrängt. „Die österreichischen Ansätze zu einer realistischen und kritischen Kunst wurden leicht und gerne als ‚Sozialistischer Realismus’ verteufelt und Künstler, die sich dem Abstrakten nicht anschlossen, ins Abseits gedrängt.“ (Georg Eisler, Die erkalteten Musen. Kunst zwischen West und Ost, in: Kristian Sotriffer (Hg.), Das große Österreich. Geistiges und soziales Leben von 1880 bis zur Gegenwart, Wien 1982, S. 439) Eine heftige Diskussion zwischen den Modernisten und den Traditionalisten prägt so die Kunstlandschaft ab 1945, die durchaus auch in der Öffentlichkeit ausgetragen wird. Davon zeugen zum Beispiel Karl Starks an ein breites Publikum gerichteten „Kulturbriefe“, in denen er die Werte der traditionellen Malerei verteidigt. Auch Alfred Kornbergers Professor an der Akademie, Robin Christian Andersen, gehört als Expressionist der ersten Stunde zu den Verfechtern einer gegenständlichen Malerei. Sein Schüler bleibt einer dynamisch-figuralen Malerei im Wesentlichen ein Leben lang treu, schwimmt anfangs gegen den Strom, um sich dann doch durch ein Wiedererstarken jener Kunstanschauung bestätigt zu sehen. In den 1980er Jahren gewinnt der dem Gegenstand verhaftete Expressionismus in der Gruppe der „Neuen Wilden“ in Deutschland und Österreich wieder einen hohen Stellenwert.

„Der Akt als Innovation“ heißt die große 2007 erschienene Monographie über Alfred Kornberger. Und tatsächlich nimmt die Aktdarstellung einen großen Raum in seinem Werk ein, wobei es ihm gelingt dieses Genre stetig weiterzuentwickeln. Ab 1971 ist es thematisch im Oeuvre des Künstlers vorherrschendes Motiv. Dabei knüpft er eben an jene Errungenschaften des Expressionismus an, die in der Zwischenkriegszeit in Österreich, aber auch international eine wesentliche Rolle spielten. Eine Nähe zu den Aktdarstellungen der Maler der deutschen Künstlervereinigung „Brücke“, Ernst Ludwig Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff oder Erich Heckel, ist nicht von der Hand zu weisen. Natürlich bleibt aber auch eine Auseinandersetzung mit der wegweisenden Avantgarde der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht aus. Großen Eindruck dürften vor allem die sinnlichen Aktdarstellungen Pablo Picassos hinterlassen haben, in denen Raum und Zeit eine perfekte Synthese einzugehen verstehen.

Eng verschlungen, fast nicht voneinander zu trennen sind die beiden Körper der Liebenden. Die Raumsituation ist unklar, die beiden scheinen sich in ihrer Ekstase schwebend in die Lüfte zu erheben, im Liebesakt miteinander verschmolzen. Den Köpfen und Gesichtern der Figuren wird wenig Bedeutung beigemessen, lieber belässt sie der Künstler in Anonymität. Sie sind in der Proportion zu klein wiedergegeben und der Kopf des Mannes überhaupt nur in Umrissen angedeutet. Das Vibrato des figürlichen Inkarnats setzt sich im Bildhintergrund fort, die Leidenschaft der Liebenden wird in die Malweise übertragen. Mit breiten, parallel gelagerten Pinselstrichen schafft Kornberger Plastizität, durch helle Farbpartien holt er Licht ins Bild. „Selten hat ein Künstler so radikal und ausschließlich der reinen Malerei gehuldigt wie Alfred Kornberger.“ (Franz Smola, Alfred Kornberger (1933 - 2002). Der Akt als Innovation, Wien 2007, S. 46) (Sophie Cieslar)