Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

30. November 2016, 18:00 Uhr

Objektübersicht
Objekt

1100

Maria Lassnig*

(Kappel am Krappfeld/Kärnten 1919 - 2014 Wien)

„o.T. (aus der Serie: Malflüsse)“
1994-1996
Öl auf Leinwand; gerahmt
100 × 125 cm
Signiert und datiert rechts unten: M.Lassnig 94
Rückseitig signiert und datiert: M. Lassnig 1996

Provenienz

Galerie Judith Walker; Privatbesitz, Kärnten

Das vorliegende Blatt wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis von Maria Lassnig aufgenommen.

Schätzpreis: € 150.000 - 300.000
Ergebnis: € 391.500 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Die beinahe in der Struktur eines Stammbaumes zusammengestellten und miteinander verbundenen Köpfe zeigen wichtige Personen aus dem Umfeld der Künstlerin. In der oberen Mitte hat sich Maria Lassnig selbst dargestellt, zu ihrer Linken den Schriftsteller Oswald Wiener, dem sie, wie auch anderen Mitgliedern der „Wiener Gruppe“ (1954-1964), philosophisch und freundschaftlich eng verbunden war. Zu ihrer Rechten ein weiterer, aber nicht identifizierter Mensch, mit dem sie sich durch den „Lebensfluss“ vereint. Auch in der mittleren Porträtreihe ist Maria Lassnig links zu sehen, verbunden mit einer weiteren Person sowie in der unteren Reihe, alleine, wieder die Künstlerin. Sie ist mehrfach vertreten, in jeder Freundschaft auf eigene Weise. Das vorliegende Werk lässt sich als Überschneidung zweier Werkgruppen betrachten, die „Be-Ziehungen“ sowie die „Malflüsse“, die einander im Laufe der 1990er Jahre ablösten. Die „Malflüsse“ werden durch regenbogenartige Bande dargestellt und verknüpfen die Köpfe- und Gedanken- stark und vielschichtig. Wie die Werkgruppe „Be-Ziehungen“ suggeriert, sind Beziehungen dehnbar, die Bewegung impliziert Geben und Nehmen. Die Porträts sind als „Büsten“ zu Kürzeln geworden, doch in ihrer Charakteristik erkennbar. Maria Lassnig gilt als unabhängige Forscherin der eigenen Innerlichkeit. Sie fragmentiert menschliche Gestalten schonungslos, um damit dem gefühlten und analysierten körperlichen Zustand oder der seelischen Situation einen bildlichen, nachvollziehbaren Ausdruck zu ermöglichen. Beziehungen vielerlei Art prägen ihre Sichtweise, im Zentrum steht ihr ständiges Erweitern des eigenen Wahrnehmungspotentials und der künstlerischen Mittel, diesem eine sichtbare Form zu geben. Das Fragmentieren der Körperlichkeit kann in diesem Zusammenhang auch als Auflösung oder als Überschreitung von Grenzen der Physis wahrgenommen werden. Verstörung ist die konsequente Folge ihrer menschlichen Offenheit.
Anlässlich ihrer Retrospektive in der Neuen Galerie in Graz (2012/2013) schenkte Maria Lassnig dem Museum unter anderem je ein Werk aus den beiden genannten Gruppen, „Be-Ziehungen III“ (1993) und „Malflüsse“ (1996). Das vorliegende Gemälde zeigt eine enge Verwandtschaft zu Arbeiten wie dem „Malfluss=Lebensfluss“ (1996). (Claudia Lehner-Jobst)