Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

29. November 2016, 18:00 Uhr

0373

Carl Unger*

(Wolframitzkirchen, Znaim 1915 - 1995 Wien)

„Hafen von Sanary IV“
1957
Öl auf Leinwand
91 × 100 cm
Signiert und datiert rechts unten: C. Unger 57.
Rückseitig auf altem Etikett bezeichnet: Carl Unger / "Hafen von Sanary" IV / 1957, Öl auf Lwd / 91 x 100 cm sowie WV-Nr. 142 auf altem Etikett und Keilrahmen

Provenienz

österreichischer Privatbesitz

Literatur

Franz Smola, Carl Unger (1915-1995). Variationen. Mit einem Werkverzeichnis der Gemälde, Ausstellungskatalog Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2006, WV-Nr. 142 (o. Abb.)

Schätzpreis: € 25.000 - 50.000
Ergebnis: € 29.040 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Im Sommer 1957 hielt sich Carl Unger im südfranzösischen Sanary-sur-Mer auf, wo eine Serie von Arbeiten in Aquarell und Öl entstand. Steinbruch, Küste und Hafen waren die Motive, die Unger besonders interessierten. „Hafen von Sanary IV“ atmet die Frische und Hitze eines Sommertages am Meer mit strahlendblauem Wasser und weißen Schaumkronen, leuchtenden Farben und tiefen Schatten. Die schwarzen Linien sind weniger geometrische Trennlinien als atmosphärische Details, wie Masten, die sich im Wasser spiegeln oder im gleißenden Gegenlicht in die Luft ragen. Die kristallklaren Farben in leicht verlaufenden Feldern erinnern auch im Ölbild an die Nass-in-Nass-Technik, die Unger bei den Aquarellen zu dieser Zeit oft verwendet. Vergleicht man alle Bilder der Serie miteinander, wird klar, dass Unger dem Motiv treu bleibt: Gewisse Farben und Flächen sind in allen Werken der Serie gleich – was sich ändert ist die Atmosphäre. So wirkt das zweite Bild der Serie nebelverhangen, das dritte wie im Zwielicht gemalt.
Das Wandeln zwischen Gegenstand und Abstraktion ist ein Merkmal der Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg. Carl Unger hat darin einen unverwechselbaren Platz. Stets ist er vom Gegenstand inspiriert, malt direkt vor der Landschaft und abstrahiert dann das Gesehene, bis das essentielle Gefühl, ein Eindruck im Geist, eingefangen ist und vom Betrachter aufgenommen werden kann. „Meine Motive in der Landschaft habe ich ja gesucht … ich habe mich nicht einfach hingesetzt und habe zu malen begonnen. Ich hatte ein Motiv … Es ist wie ein Kaleidoskop, ich schaue durch und die Landschaft wird für mich zu einer abstrakten Landschaft.“ (Carl Unger) "Der Hafen von Sanary" ist so in seiner sommerlichen Frische besser nachvollziehbar, als würden viele naturalistisch gemalte Details vom rohen Eindruck von Farbe und Licht und Luft ablenken.

Carl Unger schafft es, den freien Kunstbegriff seiner Jugend über die dunkle Zeit des Zweiten Weltkriegs zu retten und danach weiter zu entwickeln. Seinen unverkennbaren Blick auf die Welt drückt er meisterhaft durch seine Landschaften aus, deren Eindruck von Kraft und Frische sich unfehlbar auf den Betrachter überträgt. (Nina Binder)