Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

29. November 2016, 18:00 Uhr

0262

Oskar Laske*

(Czernowitz 1874 - 1951 Wien)

„Der Lebensbaum“
1944
Öl auf Leinwand
130 × 95 cm
Signiert, datiert und betitelt rechts unten: O. Laske / 1944 Lebensbaum / II. Fassung
Künstlerhaus-Etikett rückseitig: 1952/1351

Provenienz

aus dem Nachlass des Künstlers;
österreichischer Privatbesitz

Literatur

Lily Schulz-Laske und Elisabeth Kesselbauer-Laske (Hg.), Oskar Laske, Der künstlerische Nachlass, Wien 1952, op. 204, S. 10 (o. Abb.)

Wir danken Paul Rachler, Künstlerhaus-Archiv Wien, für die freundliche Bestätigung.

Schätzpreis: € 25.000 - 50.000
Ergebnis: € 42.240 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

„Wir haben die Kunst, damit wir nicht an der Wahrheit zugrundegehen.“ (Oskar Laske, Leben und Taten des Malers Oskar Laske, Tagebuch, Band 1, S. 100)

Oskar Laske hatte stets eine Vorliebe fürs Theatralische (so stammen auch mehrere Theater-Ausstattungen von seiner Hand), für literarische Vorlagen wie Stücke von William Shakespeare oder für Märchen. Im Hause Laske in der Nisselgasse 1 in Wien fand in regelmäßigen Abständen ein „jour fixe“ statt. Der Künstler und seine Frau, die Pianistin und Musikpädagogin Emmy Klein, luden Schauspieler, Bildhauer, Kunsthistoriker und Literaten ein. Es gab private Theateraufführungen, Kabaretts und Maskenbälle im Atelier.

Im zweiten Weltkrieg zog sich Laske in eine Art „innere Emigration“ zurück, den Krieg empfand er als „Widersinn gegen die Schöpfung“. In seinem Tagebuch schreibt er: „und es fallen Tausende, und Tausende von Müttern, Frauen, Bräuten und Kindern sind in trostloser, stolzer Trauer – und wie überirdisch schön ist die Welt – wie sehr glücklich könnten wir auf ihr sein, darauf leben zu dürfen ein unverdientes Glück. Ein Baum, ein Vogel, ein Mensch wunderherrlich gebildet, Farbe, Form. Die Hänge, Berge, Flüsse…“ (Oskar Laske, Tagebuch, Band 1, S. 73). Einiges von diesen Empfindungen fließt in das große Ölgemälde „Der Lebensbaum“ mit ein. Vieles, was im Leben an Schönem und Grausamen passiert, ist hier in den kleinteiligen Figurendarstellungen zu sehen. An den Wurzeln des mächtigen Baumes lodert das Höllenfeuer. Cerberus, der Höllenhund greift nach Sündern, um sie zu sich herabzuziehen und sie in die ewige Flammenverdammnis zu stoßen. Den Stamm entlang wandern zahllose Menschlein empor, um sich bis zu den oberen Ästen vorzuarbeiten. Links des Baumes öffnet sich weit der Blick in eine Landschaft mit einer Meeresbucht, auf der sich Segelschiffe tummeln, und Berge in weiter Ferne - eine Weltenlandschaft, wie Oskar Laske sie gerne als Sinnbild der Welt in ihrer Gesamtheit verstanden wissen will. Am Ufer wimmelt es nur so von Menschen, über die schwarzen Silhouetten von apokalyptischen Reitern hinweg blicken wir auf das Geschehen. Vor den Reitern erkennt man ein wildes Kampfgetümmel, dem nur wenige in den nach oben wandernden Menschenstrom entrinnen können. Die meisten der Krieger rutschen die Baumwurzeln entlang direkt in die Hölle. Als Gegenpol zum grell lodernden Feuer rechts unten, leuchtet links oben hell die Sonne herab. Sie ist nicht nur wärmender Himmelskörper, sondern gleichzeitig auch das strahlende Licht Gottes, dem alles Menschliche zustrebt. Vor der Korona flattern heilsversprechende Putten herum und weisen den Seligen den richtigen Weg. Auch Vögel und Libellen sowie anderes Getier begleiten die jubelnd ihre Arme nach oben reckenden Figuren auf ihrem Weg zum ewigen Leben. Im Gegensatz zum sonst vom Künstler favorisierten erhöhten Standpunkt, blicken wir hier von unten, gleichsam aus der Hölle heraus, Wurzeln und Stamm empor zum strahlenden Himmel. Das Nach-oben-streben der Komposition lässt uns an Deckenmalereien barocker Kirchenbauten denken, an von Putten bevölkerte, lichtdurchflutete Kuppeln. (Sophie Cieslar)