Auktionshaus

Auktion: Alte Meister

19. Oktober 2016, 14:00 Uhr

0612

Caravaggio Umkreis

(Caravaggio 1562 - 1609 Porto Ercole)

„Christus mit Dornenkrone“
um 1620/30
Öl auf Leinwand
58 × 49 cm

Provenienz

Nachlass von Carl-Anton Goëss-Saurau (1921–2015) und seiner Frau Marie (1921–1996), geborene Mayr-Melnhof, Schloss Pfannberg

Katalogergänzung:
Wir danken Prof. Nicola Spinosa für seinen Hinweis, dass es sich seiner Meinung nach bei vorliegendem Gemälde um ein Werk aus der späten Reifezeit von Giovanni Battista Caracciolo, genannt Battistello, (Neapel 1578–1635 Neapel) handeln könnte (anhand professioneller Fotos). / We are grateful to Prof. Nicola Spinosa for his advice, that in his opinion the present seems to be a work by Giovanni Battista Caracciolo, called Battistello (Naples 1578-1635 Napels) from his late maturity (on the basis of professional photographs).

Schätzpreis: € 10.000
Ergebnis: € 70.400 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Caravaggio legte mit seinem Schaffen den Grundstein für eine völlig neue Entwicklung in der Kunst. Sich dem Manierismus abwendend steht er neben Annibale Carracci am Anfang der römischen Barockmalerei, die eine gesamte Künstlergeneration tiefgreifend beeinflusste. Der Künstler des vorliegenden Gemäldes nimmt ebendiese neuen Tendenzen auf. Den alleinigen Fokus auf den Christus setzend, wird der Betrachter völlig von der kraftvollen Ausstrahlung des Bildes vereinnahmt. Der gefesselte Christus trägt die Dornenkrone auf seinem Haupt. Sein Gesichtsausdruck mit den im Dunkeln liegenden Augen spiegelt diesen äußersten Moment des Leidens wider. Durch die fahle Hautfarbe, die zwei Blutstropfen auf der Stirn und die ausdrucksstarken Augen verstärkt der Künstler gekonnt diese dramatische Stimmung, die den Betrachter zur „compassio“ auffordern soll. Die charakteristischen Gesichtszüge, sowie die gebeugte Haltung mit dem zur Seite geneigten Kopf steigern die emotionale Bewegtheit noch zusätzlich. Das Gesicht wird von der Seite schlaglichtartig beleuchtet, versinkt dann langsam in das Dunkel eines diffusen Hintergrundes. Meisterhaft gelingt es dem Künstler, die unterschiedlichen Qualitäten der nackten Haut, der Dornenkrone sowie der Leidenswerkzeuge malerisch herauszuarbeiten und in den Kontrast des Hell-Dunkels einzubetten.

Dieselbe unmittelbare Präsenz und Ausdrucksstärke findet sich auch in Werken von Bartolomeo Manfredi (1584-1622) wieder, der in seinem Gemälde „Ecce Homo“, heute im Brooks Museum of Art, Memphis, Christus ähnliche Gesichtszüge verlieh (vgl. Tommaso Strinati (Hg.), I Caravaggeschi. Percorsi e protagonisti, Band 2, S. 519, Abb. 6). Vorliegendes Werk zeigt auch eine besondere Nähe zum Schaffen des in Neapel tätigen Giovanni Battista Caracciolos (1578-1635), genannt Battistello, was zum Beispiel in dessen um 1625 entstandenen Gemälde „Der heilige Sebastian“ aus dem Fogg Art Museum, Cambridge, zu sehen ist.