Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

06. Oktober 2015, 14:00 Uhr

0420

Robert Hammerstiel*

(Werschetz, Banat 1933 - 2020 Neunkirchen)

„Cafe in Brüssel“
2008
Öl auf Leinwand
120 × 150 cm
Zweifach monogrammiert rechts unten: RH
Rückseitig bezeichnet, signiert und datiert: Café in Brüssel, Hammerstiel, 26.1.2008

Provenienz

Privatbesitz, Österreich

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Auktion ist beendet.

Form und Farbe sind die tragenden Pfeiler der Arbeit Robert Hammerstiels, die er stets in neue Spannungsverhältnisse zu setzen sucht. Waren seine Werke lange Zeit von dunklen Tönen bestimmt, wendet er sich seit seiner New York Reise 1988 kraftvollen, sogar grellen Farben zu. Der Kontakt zu Amerikanischen Kunstströmungen im Kontext des farbenprächtigen, lebendigen Alltags der Metropole hat nicht nur die Farbigkeit seiner Bilder verändert, sondern auch ihre Atmosphäre: Wo früher Einblicke in Stuben und in sich gekehrte Menschenformen zu sehen waren, findet sich heute oftmals reges Leben in bunten Cafés. Obwohl auch hier die Figuren zu Schemen geworden sind, ist ihre Interaktion doch klar spürbar, beinahe hörbar. Die Isolation gilt nun dem Betrachter, dem die Sesselrücken zugekehrt sind und der weder einen klaren Blick auf die Tische erhaschen kann, noch die Gesichter erkennen. Der Raum, in dem wir uns befinden ist beinahe so für uns verschlossen, wie der angrenzende, indem reges Leben erahnbar, jedoch für den Betrachter nicht erfahrbar wird.
Das Formenspiel des Gemäldes ist ein typisches des reifen Werks Robert Hammerstiels: Es oszilliert zwischen Abstraktion und Figur. Während der mitunter auffallende Detailreichtum – die Tassen, das Gemälde linkerhand, Fenster, Türen und Deckenabschluss – das Auge in die gewohnten Bahnen des Figuralen lenkt, spricht andererseits die Reduktion der Figuren auf Silhouetten für eine abstrakte Anordnung von Farbflächen. Dies wird durch die Behandlung der großen, bildbestimmenden Sesselrücken – oder anders gesagt: der blauen Flächen – beispielhaft. Einerseits sind sie zu geometrischen Formen vereinfacht, andererseits deutet der Maler durch zarte Linien ihre Dreidimensionalität an und staffelt sie in die Tiefe: Durch die Möbel, mehr noch als die Figuren, wird aus der zweidimensionalen Leinwand ein dreidimensionaler Raum, in dem ein Hindurchblicken in das angrenzende Zimmer möglich ist.
Robert Hammerstiel, bei dessen Kunst immer die eigenen Lebenserfahrungen und die mit dem Alter veränderte Sicht auf die Dinge mitschwingt, spielt hier mit der Erfahrung des Betrachters und fordert sie heraus: die Erfahrung eines Einzelnen, in einem Raum voller fremder Menschen seinen Platz zu finden, genauso wie die angelernte Fähigkeit, Raum zu erkennen, wo doch eigentlich nur farbige Flächen sind. „Form, Haltung, Archaik, Magie und Mysterium sind mir in meinen Arbeiten von großer Wichtigkeit. Form und Komposition kann man sich erarbeiten, niemals Empfindungen.“ (Robert Hammerstiel). (Nina Binder)