Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

07. Oktober 2014, 16:00 Uhr

0210

Karl Prantl*

(Pöttsching 1923 - 2010 Pöttsching)

„Stein zur Meditation“
2008
weisser Marmor mit grauen Linien
55 × 22,7 × 9,5 cm

Schätzpreis: € 30.000 - 50.000
Auktion ist beendet.

Das Markieren und Aufheben von Grenzen, realen und gedanklichen, spielt eine zentrale Rolle im Werk des Bildhauers Karl Prantl. Auf den Begriff „Steine zur Meditation“ konzentriert, wird das Freilegen der inneren Qualitäten eines Steines, wie hier seiner Einschlüsse und Adern zu einem stillen Dialog zwischen Stein und Bildhauer, der sich schließlich auf den Betrachter überträgt. Meditation, das Nachdenken, in Bezug treten und erkennen, ist die Aufgabe des Betrachters. Der Stein gibt den Anstoß dazu, indem er seine Eigenheiten durch die künstlerische Bearbeitung und Sinngebung enthüllt. Ohne Entwurfszeichnung dem Wesen des Steines folgend, erarbeitete Prantl Form und Oberfläche. Dem Fließen der grauen und rosigen Einschlüsse und Färbungen geben die Schatten werfenden, erhabenen Perlen und Rippen ein sanftes, „greifbares“ Gegengewicht. Diese Körperlichkeit wird durch die polierte Marmoroberfläche verstärkt, die den rohen Stein wie eine Haut zu umhüllen scheint und der Abstraktion Sinnlichkeit verleiht.

In seinem Spätwerk entstanden vermehrt kleinere Formate, die dennoch die Monumentalität der großen Steine in freier Natur oder Öffentlichkeit beibehalten. Prantl selbst schätzte das Berühren der Steine als Teil seiner Arbeit und als ein oft Monate dauerndes Naheverhältnis zu einem Stein. Er scheute sich nicht, von Schönheit als künstlerischem Ziel zu sprechen. Doch war ihm ein Anliegen, seine Ergebnisse nicht nur als ideelle, sondern wo notwendig auch als politische Aussage einzusetzen.

Diesem „Stein zur Meditation“, der in einer Reihe mit den seit den 1950er Jahren entstandenen Steinen gleichen Titels, doch vielfach variierter Formen, Formate und Strukturen zu sehen ist, liegt die offene Spiritualität Prantls zugrunde. Die einfache, reduzierte Form ist die Ursprache aller Werke Karl Prantls, die dem Stein nicht aufgezwungen, sondern aus seiner vorgefundenen Form erspürt und aufgenommen wurde. Der mit Achtsamkeit gelesenen Natur folgt Prantl hier mit der Maserung des Marmors und setzt sie sowohl farblich als auch strukturierend als Hintergrund für die plastisch bearbeitete Oberfläche ein. Als Stele wird dieser Stein im Sinne des Bildhauers zu einem ansprechbaren Gegenüber und ist sichtbar gemachtes Resultat der Auseinandersetzung des Künstlers mit seinem Stein, jenem Material das Prantl für die Bildhauerei seiner Zeit wieder und neu entdeckt hatte und das ihn zu einem der großen Vertreter der österreichischen Kunst des 20. Jahrhunderts werden ließ. (Claudia Lehner-Jobst)