Auktionshaus

Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts

24. Juni 2014, 16:30 Uhr

0327

Theodor von Hörmann

(Imst/Tirol 1840 - 1895 Graz)

„Ziehbrunnen bei Gödöllö - Aus der Umgebung von Gödöllö“
um 1883/1884
Öl auf Holz
38,5 × 48,5 cm
Signiert links unten: Theod. v. Hörmann
Rückseitig eigenhändig betitelt: Theod. v. Hörmann/ 'Aus der Umgebung von Gödöllö' Ungarn

Provenienz

Auktionshaus C. J. Wawra, Wien 1913; Galerie Schebesta, Wien 1965; Dorotheum Wien, 2. Dezember 1975; Privatbesitz, Österreich

Ausstellung

Künstlerhaus Wien, XIII. Jahresausstellung 1883

Literatur

Katalog der XIII. Großen Jahresausstellung, Künstlerhaus Wien, März 1883, S. 16, Nr. 277; Friedrich von Bötticher, Malerwerke des Neunzehnten Jahrhunderts, Bd. 1, 2. Hälfte, 4. Auflage, Dresden 1979, S. 571, Nr. 23; C. J. Wawra, Versteigerung von Aquarellen und Miniaturen, Ölgemälden aus dem Nachlass des Landschaftsmalers Theodor von Hörmann, 229. Kunst-Auktion, Wien 29. Oktober 1913, Nr. 258; Bruno Grimschitz, Österreichische Maler vom Biedermeier zur Moderne, in: Österreichische Maler vom Wiener Kongress bis zur Gegenwart, Bd. 2, Wien 1963, Nr. 57, Tf.; Galerie Schebesta, Theodor von Hörmann (1840-1895), Wien 1965, Nr. 10, Abb.; Theo Braunegger, Theodor von Hörmann (1840-1895). Österreichischer Landschaftsmaler, Dissertation Universität Innsbruck, Innsbruck 1970, S. 131, A.40, Abb.; Dorotheum Wien, 610. KA, 2. Dezember 1975, Nr. 60, Tf. XLI; Marianne Hussl-Hörmann, Theodor von Hörmann. Monographie und Werkverzeichnis, Hg. Auktionshaus im Kinsky, Wien 2013, WV-Nr. I.213

Schätzpreis: € 45.000 - 90.000
Auktion ist beendet.

Die ungarische Tiefebene gehörte seit den frühen 1870er Jahren zu den bevorzugten Landschaften Theodor von Hörmanns. Er folgte hier wie zeitgleich auch Tina Blau den Spuren August von Pettenkofens und war ähnlich fasziniert von der Intensität des Lichtes, dem harmonischen Einklang von Natur, Architektur und dem einfachen Leben der Menschen. Hörmann malte bereits damals direkt vor dem Motiv auf kleinen Formaten, einzelne Themen führte er jedoch später im Atelier in größerer Form und mit meist reicheren narrativen Elementen aus. 1883, in seinem letzten Jahr vor der Pensionierung vom Militär, besuchte der Maler erstmals die hügelige Gegend von Gödöllö östlich von Budapest. Eine markant gebogene Eiche, die ihren kühlenden Schatten über die hölzerne Anlage eines Ziehbrunnens wirft, scheint seine Aufmerksamkeit besonders geweckt zu haben.

In bisher vier bekannten Gemälden verarbeitete Hörmann dieses Motiv, jedes Mal die Perspektive, die Staffagen und zwischen Nah- und Fernsicht wechselnd. Wie ein Fotograf studierte er den Baum und erweist sich einmal mehr als scharfer Beobachter und als ein für seine Zeit ungewöhnlich objektiver Schilderer eines Landschaftsausschnittes.

Im vorliegenden Gemälde wählte Hörmann einen mittleren Weitwinkel-Fokus, bei dem der Baum mehr in den Hintergrund rückt, ein weiterer bewusst nachlässig abgeschnitten wird. Bezeichnend für den Beginn seiner neuen, prä-impressionistischen Werkphase ist ein weicher, geradezu cremiger Pinselstrich, eine deutliche Aufhellung der Farbtöne und ein vertieftes Verständnis für das alles durchdringende Licht. Ebenso begann der Maler in diesen letzten Jahren vor seiner Frankreich-Reise, größere und damit auch bildwirksamere Figuren in die Szenerien einzubauen. Das ist vor allem im vorliegenden Gemälde auffallend, wo die Bäuerin mit dem Wasserkübel einmal die vertikale Mitte des Bildes markiert und einmal den Beginn einer diagonalen Linie, entlang derer zwei weitere Figuren platziert werden. Deutlich kommt Hörmanns Verständnis der menschlichen Figur hervor: Sie ist nie zufällig anwesend, erscheint vielmehr als Bedeutungsträger für das Typische einer bestimmten Kultur, einer gesellschaftlichen Schicht. In diesem Sinne erweist sich Hörmann als ein ähnlicher Realist wie Gustave Courbet oder Jean-Francois Millet. (MHH)