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Auktion: Alte Meister

24. Juni 2014, 18:00 Uhr

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Objekt

0401

Sebastian Scheel Umkreis

(Innsbruck um 1479 - 1554 ebd.)

„Thronende Muttergottes mit dem Jesusknaben, angebetet von einem kirchlichen Stifter“
um 1520/25
Öl auf Holz
151 × 113 cm
Inschrift auf mittigem Schriftband: Regina celi letare allia

Provenienz

Familienbesitz Ottenthaler von Ottenthal, Tirol;
durch Erbnachfolge an den derzeitigen Besitzer

Literatur

Thieme-Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler. Von der Antike bis zur Gegenwart, Band 30, München 1992, S. 597 (zum Maler Sebastian Scheel); Leo Andergassen, Renaissancealtäre und Epitaphien in Tirol (Schlern Schriften 325). Universitätsverlag Wagner Innsbruck, 2007, S. 484, E 2, Tafel S. 219

Schreiben Prof. Dr. Heinrich Hammer, Innsbruck, den 12. November 1923, als "unzweifelhaftes Original des Tiroler Renaissancemalers Sebastian Scheel aus dem frühen 16. Jahrhundert", liegt bei (in Kopie).

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Ergebnis: € 19.200 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Dargestellt ist die auf einem Marmorthron sitzende Muttergottes mit dem Jesuskind auf ihrem Schoß. Dieses segnet einen zu Füßen beider knienden Stifter in klerikalem Gewand. Er ist im Gebet versunken, schaut also die beiden nicht direkt an. Der Wortlaut auf einer Banderole ist dem zwischen ihnen erscheinenden Engel zuzuordnen: Regina celi letare allia (Regina Coeli, laetare alleluia). Zwei weitere Engelchen öffnen spielerisch den Vorhang des Baldachins, während unten links im Vordergrund ein weitere das Wappen des adorierenden Stifters präsentiert. Es zeigt auf blauem oder schwarzem Grund zwei gläserne Henkelkannen. Leo Andergassen spricht von Meßkännchen auf schwarzem Grund (Andergassen 2007, S. 484). Bislang konnte das Wappen nicht bestimmt werden, so dass man bei der Zuweisung in eine bestimmte Region auf andere Indizien angewiesen ist. Möglicherweise sind die Kannen auch hier ein sprechendes Wappen für den Namen Schenk wie ein Exlibris in einem Holzschnitt von Hans Burkmair zeigt (vgl. Hans Burgkmair. Das graphische Werk. Ausst. Graphische Sammlung Staatsgalerie Stuttgart 1973, Kat. 104).

Ein hoher Torbogen gibt den Ausblick auf einen Landschaftshintergrund hinter dem Stifter frei. Im Mittelgrund sind Reste einer Pfeilerarchitektur zu sehen, daneben ein Denkmal mit einer stehenden Figur auf der Weltkugel, ganz sicher der antike Kriegsgott Mars, wie er auch auf anderen Kunstwerken der Zeit gerne abgebildet ist. Diese Figur geht auf einen Holzschnitt von Hans Burgkmair zurück (vgl. Hans Burgkmair, op. cit., Kat. 64). Dahinter fällt der Blick auf eine alpine Gebirgslandschaft mit einer Stadt am Fuße des Vorgebirges und einer Burganlage auf dem vordersten Hügel, man möchte an den Vinschgau denken. In der Gesamtanlage der Komposition bis hin zu diesem Torausblick wird man zu einem Holzschnitt von Albrecht Altdorfer geführt. Er ist um 1519 entstanden. Auch hier kniet eine männliche Person vor der thronenden Madonna (vgl. Albrecht Altdorfer. Zeichnungen, Deckfarbenmalerei, Druckgraphik. Ausst. Berlin Kupferstichkabinett SMPK und Städtische Museen Regensburg 1988, Berlin 1988, Nr. 108). Den wesentlichsten Unterschied zum Altdorfer-Holzschnitt bildet der Mantel der Madonna. Auf dem Gemälde ist Maria durch dieses Gewand (Clavus) eindeutig als Santa Maria del Popolo gegeben, nach einem vielfach kopierten und dem Zeit- und Regionalstil anverwandelten berühmten Gnadenbild. Dieses Obergewand weist am oberen Ärmel einen großen Stern auf, den kurzen Ärmel schließt eine Borte mit hebräischen/hebraisierenden Schriftzeichen ab, von welcher vier bis sechs gekordelte Schnüre herabhängen. Grundsätzlich ist dabei das Kind immer seiner Mutter zugewandt. Verständlicherweise anders ist die Haltung des Jesuskindes, wenn es sich einer weiteren Person zuwendet, meist dem Stifter. Das ist auf einem 1507 datierten Holzschnitt von Hans Burgkmair der Fall. (vgl. Hans Burgkmair, op. cit., Kat. 16, Abb. 16). …. Der Maler scheint aus beiden Quellen (AA und HB) geschöpft zu haben. Eine Datierung vor 1520 ist ohnehin nicht anzunehmen, wenn man das Rollwerk der Thronwange und des Wappenschildes berücksichtigt. Allerdings bietet die Verwendung von Holzschnitten keinerlei Hinweis auf die regionale Zugehörigkeit der Werkstatt. Regensburg (für Altdorfer) und Augsburg (für Burgkmair) scheiden selbst aus.

In seinem Gutachten von 1923 spricht Prof. Dr. Heinrich Hammer, Innsbruck, den ausführenden Maler mit Sebastian Scheel an, einen aus dem Allgäu über Augsburg kommenden Maler mit Sitz in Innsbruck. Als wichtigsten Vergleich nennt Hammer den von Scheel signierten und demnach gesicherten Altar von Annaberg an (Andergassen 2007, S. 66, A 2, Tafel). Es ist eine in einem aufwendigen Renaissancerahmen Heilige Sippe mit zahlreichen Putten dargestellt. Die Predella zeigt den schlafenden Jesse. Der Annaberger Altar ist 1517 datiert, inschriftlich für Scheel (dort Schel geschrieben) gesichert und befindet sich heute im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck. Er wurde für die Herren von Annaberg bei Goldrain im Vinschgau geschaffen. …. Auch zu anderen namentlich bekannten Malern in Tirol des frühen 16. Jahrhunderts, wie Philipp Diemer, Andre Haller und Vigil Raber bestehen nur allgemeine Bezüge. Die größte Nähe scheint die Malerei zu einem Marienaltärchen aus Schloss Rottenburg zu besitzen (Andergassen 2007, S. 374, A 13, Tafel 17). Sie ist 1544 datiert. Die Gesichter der Maria und des Jesuskindes stehen dem Stifterbild deutlich näher als deren Gesichter den gesicherten Scheel-Bildern. Auch die hellen Wolkenflächen finden ihre näheste Übereinstimmung. (vgl. Gutachten von Dr. Bernd Konrad, Radolfzell)